Im Garten

Die Schweriner Schelfstadt bewahrt hinter den Mauern ihrer Gründerzeit- und Barockhäuser viele schöne Gärten. In einem davon haben wir heute gezeichnet. Ab Mittag kam die Sonne über die Dächer; vorher begnügten wir uns mit einer Feuerschale, die uns leidlich gewärmt und gründlich geräuchert hat.

Zuerst zeichnete ich, ausführlich und in Ruhe, einen der schönen Hochstamm-Apfelbäume mit Bleistift. Leider sah die Zeichnung am Ende ziemlich winterlich aus, so dass ich dann doch noch mit etwas Farbe für den nötigen Frühlingseindruck gesorgt habe.

Bei den leuchtenden Tulpen war die Farbe natürlich eingeplant. Ich grundierte die Blütenköpfe mit einem weißen PITT-Pen. Die Partien nehmen danach allerdings Wasserfarben nur sehr bedingt an und es brauchte einige Schichten mit Wachsstiften und -kreiden, bis ich eine Lasur aufbringen konnte. Ansonsten habe ich mit allen möglichen Stiften und Markern durcheinander gezeichnet.


Auf dem Fensterbrett …

… meines Wohnzimmers wird immer mal umgeräumt, es ist eine kleine Bühne mit saisonalen Akteuren. Jetzt, Anfang März, träumt sie von einer Osterdekoration in Pastelltönen. Höchste Zeit für ein Bild von dem, was dort in den letzten Wochen stand. („Nagori“ heißt es in Japan – „Die Sehnsucht nach der von uns gegangenen Jahreszeit“.) In diesem Winter waren das weiße Blumen in dunklen Gefäßen, eingerahmt von ein paar schwarz-grünen Bollhagen-Kleinigkeiten. Den großen Auftritt haben sie nicht bekommen, der ging an das warme Lampenlicht, das an diesem grauen Abend schon früh die Oberhand gewann. (Die Vase, obwohl sie so aussieht mit ihren Streifen und dem unnachahmlichen Winkelmaß der Mitte des letzten Jahrhunderts, ist nicht von Bollhagen.)

Gezeichnet habe ich auf etwas vorgrundiertem Stillman&Birn Beta im Ringbuch – und dabei in meinem neuen Grün geschwelgt, dem Green Apatite Genuine von Daniel Smith.


Über Land

Eigentlich hatte ich, wie viele um diese Zeit, woanders sein wollen, pilgernd in Süddeutschland, den Bodensee umrundend … Es kam, wie wir wissen, anders. Ein paar freie Tage habe ich trotzdem genommen und bin über Land gefahren, von einer Backsteinkirche zur nächsten und natürlich auch an den Strand.

Vorher allerdings habe ich, endlich endlich, alle meine Füller gereinigt. Bevor ich aufbrach, hatte ich noch ein paar Probeläufe an einem Tulpenstrauß absolviert. Hier ein Versuch in breit. (Der Lamy Joy, mit dem ich das gezeichnet habe, hielt dann leider doch nicht durch.)

Dann ging es los, erst einmal ein Nachmittag über Haupt- und Nebenstraßen, über holprige Feldwege und an verschlafenen Dörfern vorbei nach Sternberg. Das liegt mit seiner wuchtigen Kirche malerisch auf einem Hügel und hatte mich schon früher mal zum Zeichnen gelockt. Die Kirche war wie immer verschlossen und die Nachmittagsstille so tief, wie ich sie in Erinnerung hatte.

Schwungvoll mit dem Füller gezeichnet, endlich läuft er wieder. Noodlers Lexington Grey mit etwas Wasserfarbe in einem Hahnemühle Watercolour Book.


Neuland

Mit diesen gelben Tulpen habe ich Neuland betreten. Genauer gesagt: mit dem Bild, denn gelbe Tulpen gehören seit Jahren zum Spätwinter in meiner Wohnung. Mindestens so lange zeichne ich Bilder von meinem Alltag, von Blumen, Teetassen, Früchten – und fast immer tue ich das mit Füller oder Fineliner und Aquarellfarbe auf weißem Papier.

Dafür gibt es gleich mehrere Gründe: zum einen ist weißes Papier in unserer Zeit und Kultur das natürliche Schreib- und Zeichenmaterial. Zum anderen habe ich mich, bald nachdem ich mit dem regelmäßigen Zeichnen begann, ganz bewusst zur Beschränkung entschieden. Meine Zeichenzeit ist begrenzt und in dieser Begrenzung scheint es mir nicht sinnvoll, mit immer anderen Materialien zu experimentieren.

Doch nun habe ich mich zu einem Kurs bei der kongenialen Zeichnerin Pat Southern-Pearce angemeldet, deren stark graphische, vom Jugenstil inspirierte Arbeiten ich schon lange bewundere. Sie arbeitet mit Füller, Markern und verschiedenen Kreiden und Buntstiften, und zwar fast immer auf getöntem Papier. In meinem Schrank fand ich noch einen Block naturbraunes Multimediapapier der Marke PaintOn von Clairefontaine und war beim ersten Versuch so begeistert, dass ich mir auch noch die graue Variante besorgt habe. Zusammen mit einem kleinen Satz wasserlöslicher Wachskreiden kam das Päckchen am Freitag an.

Gelbe Tulpen am Fenster. Füller, wasserlösliche Wachskreiden und Albrecht-Dürer-Aquarellstifte mit etwas weißem PITT-Pen auf grauem PaintOn-Papier von Clairefontaine.



Tulpen am Nachtfenster

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Tulpenstrauß in gestreifter Vase. Super5- und Pentel-Tinte mit Wasserfarbe in S&B Alpha.

Gestern Abend konnte ich nach ein paar vergrippten Tagen zum ersten Mal wieder ein bisschen aus den Augen gucken, da leuchteten mich diese Tulpen an. Die Vase, mit ihrer Form für Tulpen gerade richtig, sieht aus wie Bollhagen, ist aber einfach nur schwarz-gelb gestreift und auf eine unnachahmliche Weise der Mitte des 20.Jahrhunderts zugehörig.


Oh du schöne Tulipan

Oh du schöne Tulipan/

wie bist du doch angethan/

und so fein und hübsch geschmükket/

mit so mancher Farben Zir/

damit deine Blume mir/

mein Gesicht hat oft erquikket.

Papageientulpe. Aquarell in Stillman & Birn Zeta Skizzenbuch

Papageientulpe. Aquarell in Stillman & Birn Zeta Skizzenbuch. Die Malweise ist angelehnt an das Buch von Anna Mason. 

Was könnte besser zu einer so barocken Tulpe passen als ein barockes Gedicht? Johann Henrich Hadewig war Kirchenlieddichter im Westfalen des 17.Jahrhunderts, er schrieb eine Art Anleitung zum Dichten auf deutsch – dass das überhaupt ernsthaft möglich sei, wurde damals durchaus noch bestritten. Darin finden sich auch diese schönen Zeilen über die Tulpe. Ganz im Stil der Zeit hat Hadewigs Gedicht die stattliche Länge von 32 Strophen, in denen sich Naturschilderung, Gartentechnisches und Erbauliches abwechseln, und so endet es auch wie Kirchenlied:

Also nehme ich wohlbedacht/

meine Tulipan in acht/

di mich so vil gutes lehret;

und bedenk‘ in meinem Sinn/

wann ich bei derselben bin/

dass es alles GOtt bescheret.