Orient und Okzident

Die ägäische Insel Kos liegt am äußersten Rand dessen, was wir geografisch als Europa bezeichnen. Vor dreitausend Jahren war das anders, da befand sich die Insel im Zentrum der philosophischen und wissenschaftlichen Diskurse, Stein geworden in einem Tempel, der sowohl archaische Kultstätte wie auch eines der ersten Krankenhäuser im heutigen Sinn war.

Später rückte sie sozusagen nach Osten, wurde römisch, byzantinisch, gehörte zwei Jahrhunderte den Kreuzrittern, bevor für lange Zeit die muslimischen Osmanen die Herrschaft übernahmen. Nach einem kurzen italienischen Intermezzo kehrte die Insel 1945 endlich nach Griechenland zurück.

Alle Besitzer haben Spuren hinterlassen, von denen viele durch die häufigen Erdbeben der Region wieder verwischt wurden. Dabei ist die Ikonographie nicht eindeutig: Die Johanniterfestung mit den Dattelpalmen im Hintergrund lässt eher an Wüste und Kamele als an christliche Ritter denken, während die Moschee ein spätbarocker, bis auf das Minarett ziemlich europäisch anmutender Bau ist.

Johanniterfestung in Kos-Stadt.

Johanniterfestung in Kos-Stadt.

Haji-Hassan Moschee in Kos-Stadt. Besonders angetan hatte es mir der zierliche Rokokko-Vorbau.

Haji-Hassan Moschee in Kos-Stadt am Morgen. Besonders angetan hatte es mir der zierliche Rokoko-Vorbau, der leider auf dem Bild nur eine Nebenrolle bekommen hat.


Erhabenheit

Wenn es einen Begriff gibt, der den Eindruck beschreibt, den das Asklepeion auf Kos bei mir hinterlassen hat, so ist es „Erhabenheit“. „Klarheit“ kommt dazu und jene dem Meer zugewandte Weitsicht, die den Blick in die letzten drei Jahrtausende einschließt. Mit diesem Blick betrachtet, sind die Schiffe unseres Lebens klein und leicht, und wir können sie getrost ziehen lassen.

Natürlich lässt sich das alles nicht in einem Bild wiedergeben. Die Anlage, die tausend Jahre lang, von 500 vor bis 500 nach Christi Geburt, als Tempel und Krankenhaus diente, ist Anfang des 20.Jahrhunderts freigelegt worden. Sie zeigt in ihrer äußeren Form eine Mischung aus Nachbauten und antiken Resten, verteilt über drei Terrassen und eingebettet in eine archaische Hügellandschaft voller Oliven, Pinien und Zypressen.

Auf meinem Bild sieht man den Tempelrest auf der obersten Ebene, von der aus der Blick weit über das Meer zu den Nachbarinseln und dem heute türkischen Festland reicht. Zwischen den Steinen wächst eine leuchtend blaue Klee-Art, deren Marienfarbe mich daran erinnert, dass der Ort in frühchristlicher Zeit der Muttergottes geweiht war.

Säulenrest des Asklepios-Tempels auf der obersten Ebene des Asklepeions in Kos.

Säulenrest des Asklepios-Tempels auf der obersten Ebene des Asklepeions in Kos.


Rosenfinger

„Als aber die Frühgeborene erschien, die rosenfingrige Eos … “ So besang Homer in der Odyssee die Morgenröte, und an den Satz habe ich jeden Morgen beim Sonnenaufgangsbad gedacht. Rosenfinger! Eben ist alles noch etwas blass in apricot und bleu, und schon erstrahlt der östliche Himmel in rosigstem Karmin, um bald darauf scharlachrot zu lodern – da kommt kein Pinsel hinterher. Dennoch habe ich es, wie schon so viele vor mir, immer wieder versucht. Sonnenuntergänge sind da geradezu gemächlich, langsam verdämmert der Abend, und es bleibt noch Zeit, das alte Gemäuer ringsherum zu zeichnen.

Sonnenaufgang auf Kos - ein Versuch

Sonnenaufgang auf Kos – ein Versuch

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Sonnenuntergang von der Burgruine Paleo Pyli auf Kos aus.


Ländliches Kos

Mittelpunkt meiner Seminarreise auf die griechische Insel Kos war das Asklepeion, Tempel des Heilgottes Asklepios. Dazu später mehr. Untergebracht waren wir in einer kleinen Appartementanlage in einer ländlichen Gegend inmitten von Oliven- und Zitronenbäumen, umgeben von Esel-, Hühner- und Taubengeräuschen. Nicht zu vergessen natürlich die Katzen, struppige, magere, großohrige Tiere, die anfangs alles fraßen was vom Tisch fiel, um einige Tage später bereits nach Katzenart am Essen zu mäkeln.

In denersten Tages unseres Aufenthaltes waren die Katzen noch struppig und mager.

In den ersten Tages unseres Aufenthaltes waren die Katzen noch struppig und mager.

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