Kloster Möllenbeck
Veröffentlicht: 16. Mai 2023 Abgelegt unter: Allgemein, Reiseskizzen, Werra-Weser 2023 | Tags: Gotik, Kirche, Kloster, Oberweser, Romanik, Weserradweg Hinterlasse einen KommentarIm landwirtschaftlich geprägten, dünn besiedelten Niedersachsen des frühen Mittelalters waren die Klöster lange vor den Städten da. Gestiftet wurden sie vom lokalen Adel, der sich gute Bedingungen im Jenseits und handfeste Einflussnahme im Diesseits erhoffte.
Diese Einflussnahme war – uns heutige wundert es – war häufig eine weibliche Angelegenheit. Während die Männer anderweitig und meist kriegerisch beschäftigt waren, gründeten die Frauen Klöster, aus deren Rückhalt sie die Interessen der Familie wahrnahmen.

So ist für das Jahr 896 die Gründung des Kloster Möllenbeck durch eine Edelfrau namens Hildburg beurkundet. Auf dem Bild sind Fragmenten einer sehr viel später entstanden Grabplatte mit dem Bild der Hildburg zu sehen.
Die heute sichtbare Anlage ist Ergebnis der bekannten Abfolge von Zerstörung und Wiederherstellung, von Umwidmung, Abriss und Neuaufbau. Das Kernkloster mit Wohngebäuden, Kreuzgang und Kirche ist seit der Frühen Neuzeit weitgehend unverändert geblieben. Die Gebäude beherbergen ein Jugendfreizeitheim, nur die Kirche ist öffentlich zugänglich. Beim Eintreten ist die Besucherin überrascht: es handelt sich um eine evangelisch-reformierte Kirche, bilderlos und sehr schlicht eingerichtet.

In einer Scheune des ehemaligen Wirtschaftshofes gibt es heute ein kleines, sehr schönes und anheimelndes Hotel mit einem Gartenrestaurant. Ich kam an einem Tag, an dem das Restaurant geschlossen hatte, ich setzte mich in der stillen und friedlichen Stimmung unter die alten Eschen und begann zu zeichnen.
Als ich die Farbe weitgehend auf dem Blatt hatte, hörte ich auf. Seitdem habe ich in der letzten Woche immer mal ein paar Striche daran gezeichnet; heute ist es nun fertig geworden.
Rückblick 2: In der Stille
Veröffentlicht: 29. August 2022 Abgelegt unter: Farbstifte, #uskschwerin | Tags: Schwerin, Mecklenburg, Fachwerk, Backstein, Friedhof, Kirche Hinterlasse einen KommentarIm März hatte ich einen Anlauf genommen, der für Monate der einzige bleiben sollte: Mit dem Fahrrad die Kirchen der Umgebung zu besuchen und zu zeichnen, einen kleinen Pilgerweg vor Ort zu zelebrieren … Schön wäre das gewesen, theoretisch. Praktisch bin ich an unverplanten Wochenenden gern eine Einsiedlerin, die je nach Jahreszeit Balkon, Ofenplatz oder Sofa bewohnt und zeichnend an Stillleben und Pflanzen ihre Freude hat. Die verplanten, man ahnt es, gehören Freunden und Familie.
Manchmal lässt sich etwas verbinden, wie vor vier Wochen, als ich eine Freundin besuchte, die im tiefsten mecklenburgischen Hinterland lebt, zwischen Schwerin und der Seenplatte. Ich befragte meinen Kirchenführer und fand eine Dorfkirche, die fast am Weg lag, in Prestin.

Es war gegen Mittag und heiß, dabei noch luftig (die Schwüle würde erst kommen im Lauf des August) und unfassbar still. Der leichte Wind raschelte in den Blättern, mehr war nicht zu hören.
Eine bescheidene Kirche ohne Turm, halb Feldstein, halb Fachwerk, und links daneben, auf meinem Bild nicht sichtbar, die Grabkapelle des Adelsgeschlechts, das hier einst das Sagen hatte. Vielleicht hatten dessen Nachfahren auch die neuen Dachziegel und die Renovierung bezahlt, denn die Kirche war zwar verlassen, aber keineswegs verfallen. Die Kirchentür war verschlossen, im Schaukasten gilbte eine Telefonnummer neben dem Plan der Gottesdienste, die in den Nachbardörfern stattfinden.
Zu Hause schaute ich mir das Foto in meinem Bildband noch einmal an, der mir als Wegweiser dient: Fast der gleiche Blickwinkel, etwas größer der Abstand; die Linde, in deren Schatten ich gesessen hatte, war mit im Bild, blattlos, winterlich. Der große Nadelbaum, der mir halb den Blick versperrt hatte, fehlte noch. Stattdessen, und ich brauchte etwas, um den Unterschied zu sehen, standen Grabsteine im Vordergrund, zahlreiche Grabsteine – ein ganz normaler Dorffriedhof. Wird die Pacht für ein Grab nicht verlängert, muss oft auch der Stein entfernt werden. Das Foto wird um 1980 herum aufgenommen sein – vierzig Jahre später sind nicht nur die Dörfer halb verlassen, auch die Friedhöfe beginnen zu verkahlen. Die nach dorfeinheitlichen Regeln (deren Wirkmacht nur unterschätzt, wer nie auf dem Dorf gelebt hat) gestalteten Gräber (Buchsbaum, Bergenien, Begonien; im Frühjahr Stiefmütterchen und vor Totensonntag das Tannengrün) werden weniger, mit ihnen die Regelhüterinnen …
Was bleibt, ist die Stille.
Zwei von einundfünfzig
Veröffentlicht: 27. März 2022 Abgelegt unter: #uskschwerin, Urban Sketching | Tags: Backsteingotik, Gotik, Kirche, Mecklenburg, Schwerin Ein KommentarSeit einigen Wochen bin ich stolze Besitzerin eines E-Bikes. In der Woche radele ich zu meiner neuen Arbeit (nach dreizehn Jahren Pendeln mit dem Auto) und am Wochenende fahre ich damit über Land. Damit ich auch ein paar interessante Ziele habe, mache ich aus diesen Landpartien einen kleinen Pilgerweg zu den Dorfkirchen um Schwerin – Zeichnung selbstverständlich inbegriffen. Wegweiser ist ein Bildband mit 51 Kirchen, den mir vor dreißig Jahren ein Freund anlässlich meiner damaligen Übersiedlung nach Mecklenburg schenkte.
So ist zumindest der Plan.
Letztes Wochenende war es zum ersten Mal soweit, und natürlich hatte ich mir viel zu viel auf den Teller getan. Drei Kirchen hatte ich mir vorgenommen und eine ganz ordentlich Radstrecke. Am Ende kam ich erschöpft, mit Sonnenbrand und drei viertel- bis halbfertigen Skizzen zurück.
An der ersten Kirche bin ich schon ungezählte Male vorbei gefahren. Sie liegt wenige Kilometer nördlich von Schwerin direkt an der Straße nach Wismar auf einem Hügel, der weit ins Land blickt. Sie wirkt verloren dort, fast ohne Dorf an einer lebhaft befahrenen Fernverkehrsstraße; dabei ist sie groß und stattlich für eine Dorfkirche. Innen soll sie reich ausgestattet sein mit einem prächtigen Schnitzaltar und kostbaren mittelalterlichen Fenstern, doch ich hätte mir einen Schlüssel holen müssen, um hineinzukommen. Stattdessen setzte ich mich auf die gegenüberliegende Straßenseite in den kalten und windigen Schatten und schaffte gerade mal eine Umrisszeichnung. Die schaute ich zu Hause etwas unentschlossen an, bis ich mich heute doch dazu durchrang, sie mit einer reduzierten Palette ein bisschen zu kolorieren.

Der Weg zum nächsten Ort führte über einen hübschen Feldweg durch eine Allee, vorbei an einem kleinen See und noch einem: Groß Trebbow am Trebbower See, und mitten im Ort eine zauberhafte kleine Kirche ohne Turm in einem grünen und von Frühlingsblumen übersäten Friedhof. Leider ging das Bild ziemlich schief, doch da mir der Ort so gut gefiel, beschloss ich wiederzukommen und ihm einen ganzen Nachmittag zu schenken. (Die Kirche war, als einzige von den dreien, geöffnet und innen licht und voller Bauernbarock, der allein den Weg wert gewesen wäre.)
Am letzten Ziel hatte ich mehr Glück: In Cramon stand genau an der richtigen Stelle eine Bank und ich konnte in Ruhe die Farben rausholen und mit zumindest einer Farbschicht beginnen. Erst danach kam der Füller ins Spiel. Heute habe ich Farbe und Form noch ein bisschen vertieft und mich mit der reduzierten Palette an das erste Bild angelehnt.

Cramon liegt – wenig überraschend – am Cramoner See, einem langgestreckten Gewässer in einem tief eingeschnittenen Endmoränengraben, gut versteckt vor der Fernstraße. So war ich dort schon oft vorbeigefahren, ohne Dorf, See und Kirche je gesehen zu haben und ohne zu erfahren, dass der Großvater des Schriftstellers Uwe Johnson auf diesem Friedhof begraben liegt.