Lieblingsplätze in Funchal

Der Tag war grau und windig gewesen; als der Regen abends nachließ, drehte ich noch einmal eine Runde durchs Viertel und zeichnete eine flotte Skizze von einem typischen Funchaler Wohngegend-Blick – sozusagen das Pendant zu meiner Ankunftszeichnung.

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Blick aufs Meer an einem regnerischen Abend.

Bevor das Wetter auf Madeira zum Abschied dann  noch einmal mit Regenmassen und im im Sturm sich biegenden Palmen auftrumpfte, spendierte es mir noch einen sonnig-freundlichen Abschiedstag: beste Bedingungen, um ein paar meiner Lieblingsplätze zum Zeichnen aufzusuchen. Die Igreja de Nossa Senhora do Socorro, die „Kirche Unserer Lieben Frau des Beistandes“, wurde einmal als Pestkapelle gebaut und steht jetzt an einem der schönsten Plätze von Funchal: auf einer Klippe über dem Meer, an einem schön gestalteten Platz am östlichen Ende der Altstadt, umgeben von alten Bäumen.

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Igreja de Nossa Senhora do Socorro, Funchal.

Am Nachmittag dann lies ich mich an der Uferpromenade nieder; das Wetter war so freundlich geworden, dass ich Lust auf einen sommerlichen Cocktail bekam. Der Blick von dieser Stelle ist der wahrscheinlich schönste auf die Kathedrale.

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Blick auf die Kathedrale von Funchal von der Uferpromenade aus.

Zeichnerisch ist das Motiv allerdings so komplex, dass ich mit meinem Hoch-im-Breitformat technisch an Grenzen kam. Dieses Blatt illustriert nicht nur meinen Abschied von Funchal für dieses Jahr, sondern auch vom Hahnemühle Watercolour Book im Landschaftsformat. Ich hatte das Buch in Eutin geschenkt bekommen und mir schon bald vorgenommen, es für die diesjährige Madeira-Reise zu nutzen. Meinen Zeichengewohnheiten kam es eher nicht entgegen, was nichts macht, es ist immer wieder schön, etwas Neues auszuprobieren.
Für interessierte Zeichner hier ein kleiner Arbeitsbericht: das Papier ist hervorragend, es macht alles mit, auch Füller der verschiedensten Marken und Tinten gleiten darauf fast wie auf Markerpapier, dabei ist es richtiges Aquarellpapier einer ordentlichen Grammatur, das sich nur sehr wenig wellt. Das Buch liegt flach auf dem Tisch, der wasserfeste Einband, die runden Ecken, Gummiband und Lesebändchen lassen es zu einem sehr praktischen Reisebegleiter werden.
Dass ich mich mit dem Format schwertat, habe ich mehrfach angedeutet, und ich mochte es für Hochformate auch nicht drehen – ich lege meine Reisezeichnungen eher als ein Tage- als ein Skizzenbuch an, es erzählt eine Geschichte, und die soll man fortlaufend lesen können. Hierin liegt natürlich auch ein Vorteil: in manchen Situationen kann sich die Geschichte auf einem solchen Format richtig entfalten – die Fortsetzung dieses Stils wäre dann ein Leporello. (Und zu ein paar Breitwandlandschaften, die sonst so nicht gezeichnet hätte, hat es mich auch eingeladen.)
Fazit: tolles Papier, tolle Verarbeitung, für die nächste Reise gibt es das gleiche im Hochformat.

 

 

 

 

 


Meliora cogito

„Meliora cogito“ – Trachte nach dem Besseren – bevor ich meinen kleinen Aquarellkasten gezeichnet habe, war mir nie aufgefallen, was dort geschrieben steht. Eigentlich sollte so ein Schmincke-Kasten ja wohl ein Leben lang halten, doch den ersten, den ich – noch in DDR, welche eine Kostbarkeit! – geschenkt bekommen hatte, habe ich mir klauen lassen, und den zweiten – Schwarz auf Schwarz – beim Packen in den Ledersesseln eines Ferienhauses liegen gelassen. Dieser hier nun begleitet mich treu in meinem Alltagsskizzenpäckchen, der Lack schon etwas angestoßen – waren die früheren nun solider oder nur seltener genutzt?

Vor einem Jahr habe ich, als ich anfing, das Zeichnen mit Tinte zu entdecken, meine Füllfederhalter gezeichnet – nun war mir die Renovierung meines Aquarellkastens Anlass, ihn abzubilden. Es soll ja Freaks geben, die wirklich nur mit drei Primärfarben arbeiten, ich habe lieber ein paar Näpfchen mehr dabei. Beim schnellen Skizzieren sind mir „fertige“ Farbtöne willkommen und ich muss nicht ständig mit dem blauen Pinsel ins Gelb. Und bei aller Leichtigkeit: Aquarellfarben bestehen aus Pigmenten mit bestimmten physikalischen Eigenschaften, sie granulieren oder nicht, decken oder lasieren und können einander auf dem Blatt verdrängen, statt sich zu mischen. Außer Sepia und Indigo, die zusammen ein schönes opakes Grau bis fast zum Schwarz ergeben, bevorzuge ich lasierende Töne, weshalb ich z.B. das Standard Englischrot durch Krappbraun ersetzt habe – mal sehn, ob es sich bewährt. Wer genau hinsieht, entdeckt zwei fast gleiche Ockertöne – an die Stelle des einen soll noch ein ebenfalls lasierendes helles Braun treten, da habe ich mich vergriffen und muss noch ein bisschen suchen: meliora cogito.

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Füller mit Vergangenheit

Vor einigen Tagen bekam ich eine Anregung, meine Zeichenmaterialien abzubilden. Und da ich mich in den letzten Wochen immer mal wieder mit Füllfederhaltern beschäftigt hatte, erhielten die auch den ersten Auftritt. Dabei zeichne ich – nach einigem Probieren – nur mit einem von den vier abgebildeten, auf dem Bild hat er die Nummer 4. Es ist ein Lamy Joy, ein Kalligraphie-Füller, den es mit mehreren Federbreiten gibt. Gefüllt ist er mit SUPER5-Tinte in grau.

Die anderen sind Erinnerungsstücke, Nummer 1 und 2 echte Montblancs aus den 50er Jahren. Sie erzählen Familiengeschichte, haben, wie man früher vielleicht von einer Dame gesagt hätte, „eine Vergangenheit“. Sie sind Jahre, ja Jahrzehnte benutzt worden, und als ich sie bei meinen Füllhalterrecherchen wiederfand, habe ich sie auch ausprobiert, zum Glück waren sie nicht eingetrocknet. Großer Name hin und her – mir lagen sie nicht gut in der Hand, zu zierlich, zu leicht … Als ich sie gezeichnet habe, konnte ich noch einmal ihre zeitlose Eleganz bewundern.

Nummer 3 ist in gewisser Weise das Gegenteil der beiden kapriziösen Schönheiten, ein großes schweres Teil aus massivem Messing mit Wurzelholzdekor – vermutlich ein protziges Werbegeschenk aus den 90ern. Es ist auch ein Markenfüller, ein Waterman, mit sattem, gleichmäßigen Tintenfluss, doch für unterwegs viel zu schwer.

Vier Füllfederhalter, die beiden ältesten über sechzig Jahre alt, gezeichnet mit dem jüngsten und koloriert mit Wasserfarbe.

Vier Füllfederhalter, die beiden ältesten über sechzig Jahre alt, gezeichnet mit dem jüngsten und koloriert mit Wasserfarbe.