Immer noch Amsterdam

Ja, immer noch, und immer noch die Nachwirkungen des Workshops bei Pat Southern-Pearce: getöntes Papier, Kreide, ein leuchtender Himmel, Schrift und Kästchen mit Details. Hier nun das letzte Bild aus dieser Serie, entstanden am Freitagabend, als die Stadt noch heißer, noch lauter, noch voller zu sein schien als an den vorangegangenen Tagen. Ein bisschen von dieser Stimmung hat sich in meinem Bild niedergeschlagen, ein bisschen Unruhe in den unterschiedlichen Schriften, Hintergründen, Kästchen …

Es wird das vorerst letzte aus dieser Serie bleiben; als nächstes werde ich beobachten, ob sich etwas von dem Gelernten mit dem Bisherigen verbinden mag. Wobei nicht einmal alles neu ist – verschiedene Schriften habe ich schon immer gern verwendet und auch mit Stiften und Kreiden arbeite ich nicht zum ersten Mal.


A Sense of Place and a Story Told …

…, das war der Titel des zweiten Workshops, den ich in Amsterdam besucht habe. Gehalten wurde er von Pat Southern-Pearce, der großen alten Dame des Urban Sketching. Wie erfasse ich den Geist eines Ortes? Pat hat uns ihren Weg dazu gewiesen, oder besser: einen ihrer Wege, denn auch wenn sie einen charakteristischen Stil hat, so ist sie doch eine sehr vielfältige Künstlerin.

Technisch unterscheidet sich das Gelernte wesentlich vom Gewohnten, was für mich einen Teil des Reizes ausmachte: getönte Papiere, Farbstifte, Kalligraphie, das Arbeiten von dunkel nach hell … doch wie die Überschrift ahnen lässt, waren die Methoden Mittel zum Zweck, um zur Ausstrahlung eines Ortes vorzudringen. Und was da strahlt, ist zumindest draußen erst einmal der Himmel, daher bekommt er, gebändigt von der Dachlinie, den ersten großen Auftritt. Dazu kommen kleine „Bilder im Bild“ und sorgfältig placierte Schrift.

Das erste Übungsbild aus dem Workshop demonstriert dieses Vorgehen. In zweien der „Kästchen“ haben wir mit unseren Farbmaterialien experimentiert, den Rest frei gewählt.

Am Nachmittag des selben Tages habe ich das Gelernte auf ein anderes Motiv angewendet – den Begijnhof. Das zweite Bild von diesem Ort entstand an einem ruhigen Sonntagmorgen – ich habe es bereits gezeigt. Das erste allerdings – dieses hier – anzufertigen, glich ein wenig einem Hindernislauf. Vor den vielen Menschen zog ich mich in die Kirche der English Reformed Church zurück, die leider bald darauf schloss – ich schaffte es noch, die Umrisslinien der komplexen Balkenkonstruktuion zu zeichnen. Als ich gerade das Gleiche beim Eingang der katholischen Kapelle und den Zeichnern davor geschafft hatte, schloss auch der Hof – sicher sehr zur Freude der Anwohner, deren Geduld durch die vielen Menschen auf eine harte Probe gestellt wird.

Heute bin ich endlich dazu gekommen, das Bild fertigzustellen. Jenseits der technischen Details habe ich viel dabei gelernt. Das Vorgehen ist von meinem sonstigen ziemlich weit entfernt – fülle ich doch gern schwungvoll ganze Blätter mit einem Motiv. Diese andere Arbeitsweise könnte – adaptiert an meine üblichen Materialien – eine schöne Methode sein, mit der relativen Materialknappheit auf dem Pilgerweg umzugehen.


Stilbruch

Die Idee hatte ich schon eine ganze Weile: mal ganz anders zu zeichnen. Und zwar nicht irgendwie anders, sondern im Stil von Künstlern, die ich schätze. Eine Zeichnung als Hommage an jemanden, von dem oder der ich viel gelernt habe (oder noch lernen will) und dessen oder deren Bilder ich mag. Keine Kopie, sondern eine eigene Zeichnung, nur eben in Ausführung, Ausdruck und Sujet angelehnt an das Werk von jemand anderem.

Letzte Woche habe ich, fast ein bisschen aufgeregt, angefangen. Ich hatte mir vorgenommen, eine Teetasse à la Liz Steel zu zeichnen. Ich weiß noch, wie beeindruckt ich von Liz‘ Teetassen war, als ich mit dem regelmäßigen Zeichnen begann, und ihr Blog war einer der ersten, den ich abonniert hatte. Außerdem versprach dieser Anfang gute Bedingungen: Tee wird bei mir immer getrunken (und es gibt auch schon ein paar Tassen und Kannen in meinen älteren Büchern) und Liz hat hunderte Tassen gezeichnet und mehrere Tutorials dazu veröffentlicht.

Nun, diese Tasse ging erst einmal daneben. Sie war schon gelungen, doch kein bisschen Liz, obwohl ich exakt nach ihrer Anleitung gezeichnet hatte. Allerdings nicht während des Teetrinkens, sondern über anderthalb Zugfahrten verteilt – die Woche hatte es in sich und nur die allererste Vorzeichnung war am heimischen Frühstückstisch entstanden. „Exakt“ war hier jedoch das, was hier exakt nicht gefragt war: Liz‘ Bilder leben vom Tempo, von der Frische. Und da ich keine Lust auf die gleiche Tasse noch mal hatte, war beim nächsten Mal meine neue kleine Teekanne dran. Flott, mit einer bisschen unrunden Ellipse: bloß nicht zu perfekt. Das erstaunliche war: es fiel mir gar nicht schwer. (Ich kann beim Zeichnen von Stillleben sonst ganz schön haftend und perfektionistisch sein.) Eine Erfahrung, bei der mir, im übertragenen Sinne, fast ein bisschen schwindlig wurde – Identität ist eine „Sache“, von der wir uns anscheinend ungern trennen.

Und da war noch etwas: Jeder, der Liz‘ Blog kennt, weiß, dass sie häufig Bibeltexte neben ihre Zeichnungen schreibt. Ich hatte mich gerade mit dem 63.Psalm beschäftigt und fand es daher schön, ein paar Zeilen davon hinzuschreiben. (In der Fassung der „Bibel in gerechter Sprache“, zu der ich eine ambivalente Zuneigung hege.) Was aber, wenn mir das Biblische eher fremd gewesen wäre? Dann hätte ich wohl die Finger davon gelassen, um aus der Hommage keine Parodie zu machen. Denn auch das will bei einem solchen Unterfangen gut bedacht sein.

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Diese kleine Teekanne habe ich mir in Funchal gekauft, weil es und er Ferienwohnung keine gab. Sie ist in Hongkong hergestellt, von einem Hamburger Teegroßhandel vertrieben und nun mit mir nach Schwerin gereist. Gezeichnet habe ich sie als Hommage an die großartige Zeichnerin Liz Steel.