Schloss Schwarzburg

Schwarzburg hat nicht nur aus der Zeit gefallene Hotels zu bieten, es hat auch ein Schloss. Und was für eins! Ich habe selten einen disparateren Ort erlebt als den Schwarzburger Schlossberg. Auf einem schmalen Bergsporn thront über dem Dorf eine riesige Ruine, die auf den ersten Blick aussieht wie eine gespenstische Fabrik, sich beim Näherkommen dann als der Rest eines dort vermutlich immer deplatziert gewesenen barocken Kastens erweist, dem einige Seitenflügel fehlen. Andere sind bereits restauriert, in sehr verschiedenen Stilen, strahlend weiß ein schöner Renaissance-Bau, das Zeughaus, quietschbunt Teile eines Teils, der den sogenannten Kaisersaal enthält – einer der Schwarzburger hatte es im 14.Jahrhundert immerhin bis zum Gegenkaiser gebracht.

Der ruinöse Zustand des Gebäudes ist ein Produkt deutscher Geschichte – 1940 begannen die Nationalsozialisten mit brachialen Abrissarbeiten, denen ein Wiederaufbau als Reichsgästehaus folgen sollte – dass es dazu nicht mehr kam, ist naheliegend.

Hofseite der Ruine von Schloss Schwarzburg, Wasserfarbe und Marker in S&B Beta.

Hofseite der Ruine von Schloss Schwarzburg, Wasserfarbe und Marker in S&B Beta.

Am Schloss laufen weiter Restaurierungsarbeiten, dass sie, wie eine Tafel verspricht, 2015 abgeschlossen sein sollen, halte ich für unwahrscheinlich. Auch ein endgültiges Nutzungskonzept soll es noch nicht geben.

Ich habe mich zum Zeichnen für das entschieden, was wohl einmal so etwas wie die Hofseite gewesen sein muss – für einen wirklichen Hof ist der Bergsporn eigentlich zu schmal. Das leuchtend orange Wandstück ist eine Farbprobe, ansonsten ergeben unterschiedliche Grade von Verfall und Vernagelung eine breite Palette an braun und grau, ergänzt durch die schon frisch gedeckten Schieferdächer.


Die letzten ihrer Art

Vier alte Herren beim Skat im Schlossberg-Hotel in Schwarzburg. Wasserfarbe und PITT-Pens in Stillman&Birn Beta.

Vier alte Herren beim Skat im Schlossberg-Hotel in Schwarzburg. Wasserfarbe und PITT-Pens in Stillman&Birn Beta.

Dieses Bild ist das einzige, was ich gleich vor Ort fertigstellen konnte – ich saß ja auch warm und gemütlich auf einem 100 Jahre alten Hotelsofa im Hotel „Schlossberg“ im Schwarzburg. („Setzen Sie sich ruhig auf das Kissen, sonst sinken Sie so tief ein.“)

Schwarzburg, etwas oberhalb von Rudolstadt im Schwarzatal gelegen, war im 19.Jh. ein beliebter Urlaubsort, und in den fetten Jahren vor dem ersten Weltkrieg entstanden dort wahre Hotelpaläste, in Fachwerk und Schindeln gekleidete Schönheiten mit Türmchen und Erkerchen und Buntglasfenstern. Da die Zeitläufte ihnen gnädig waren, stehen die meisten bis heute unverändert, allerdings oft genug vernagelt und unsaniert.

Das Hotel „Schlossberg“, in das es mich verschlagen hatte, wird von dem mittlerweile über 70jährigen Inhaberpaar allein geführt. Die Zimmer sind ein auf DDR-Standard, das mag vermutlich nicht jeder, doch das gesamte Ambiente, die hervorragende Hausmannskost und vor allem die tiefe Herzlichkeit der beiden alten Leute gehören zu den Erlebnissen, um derentwillen sich eine solche Fußwanderung lohnt.

Während ich beim Mittagessen saß, trafen vier alte Herren zur Skatrunde ein – vielleicht waren sie einmal Apotheker, Oberförster und Hauptbuchhalter gewesen, jedenfalls schienen sie ebenso die letzten ihrer Art wie das Inhaberpaar zu sein.