Alle Wege sind Pilgerwege
Veröffentlicht: 19. Oktober 2022 Abgelegt unter: Allgemein, Pflanzen, Urban Sketching, visuelles Tagebuch | Tags: Botanical Art, Mecklenburg, Mittelalter, Pilgerweg, Pilze, visuelles Tagebuch Hinterlasse einen KommentarSind sie das, wirklich? Oder ist dieser Satz von der gleichen popkulturellen Beliebigkeit wie „Der Weg ist das Ziel“?
Im letzten Jahr, auf der großen Wanderung durch die Ostschweiz, habe ich viel darüber nachgedacht, was einen Pilgerweg ausmacht. Die Gegend ist es nicht und nicht einmal das „heilige“ Ziel – doch was ist es dann?
Dieser Herbst bietet mir – aufs Neue – eine Gelegenheit, es herauszubekommen. Nach einigen Umbrüchen im Leben bin ich zum ersten Mal mit dem (Elektro)Fahrrad unterwegs. Es ist ein Unterschied, die Füße nicht mehr auf dem Boden zu haben, die eigene Ausstattung nicht mehr von die Größe eines (möglichst kleinen) Rucksacks dabei zu haben, sondern sich Gedanken um Schlösser und Ladegeräte machen zu müssen.

Der Start konnte schon mal einen Pluspunkt verbuchen: ich bin direkt von zu Hause losgefahren. Nach einem schönen Stillleben-Abend bei einer Freundin in Sülstorf, zwei Dörfer hinter Schwerin, fuhr ich direkt nach Süden. Sülstorf hat eine wunderschöne kleine Dorfkirche, die ich allerdings schon zweimal gezeichnet hatte. Also sah ich mich im nächsten Ort um: typisch für diese Gegend ein turmloses Kirchlein mit freistehendem Glockenstuhl. Dieses Kirchlein gehörte im Mittelalter zu einer Johanniter-Niederlassung, einer sogenannten Komturei (ein Wort, das ziemlich nach Ritterroman klingt, finde ich.)
Es ging weiter durch den Jasnitzer Forst, ein ausgedehntes Waldgebiet, das in diesem Jahr von Pilzen überquillt. Leider konnte ich sie in meinen fest verzurrten Taschen nicht unterbringen, also zeichnete ich einiges von dem, was rund um meinen Rastplatz zu finden war. (Darunter befindet sich der Gasspeicher Kraak, der nicht nur ganz Meckpomm, sondern auch Hamburg versorgt. Das Private ist politisch, sogar im Wald.)

Und das Stillleben vom ersten Abend? Soll auch seinen Platz bekommen. Die Paprika hatte ich zwei Wochen vorher am Strauch gezeichnet, und dort hatten sie sich gut gehalten.

Leporello, mal wieder
Veröffentlicht: 18. September 2022 Abgelegt unter: Alltag, Artist Journal, Dinge, Mixed Media, visuelles Tagebuch | Tags: Alltag, Dinge, Leporello, mixed media, Obst, visuelles Tagebuch 4 KommentareVor einigen Wochen sah ich mal wieder einen der hinreißenden Leporellos der Landschaftsarchitektin Martina Offenberg. Sie ist eine großartige Zeichnerin, die ihre Urban Sketches gern auf selbst gestaltete Leporellos zeichnet. Sie bereitet diese Papierstreifen als Collage aus unterschiedlichen Papieren und Stempeln vor, die unterwegs noch weiter ergänzt wird.
So etwas wollte ich auch machen! In vier Wochen habe ich Urlaub, und da wäre es schön, einen selbst gestalteten Leporello as Reisetagebuch mitzunehmen. (An fertig konfektionierten hatte ich schon zwei mal meine Freude gehabt – hier und hier) Ich beschloss einen Probelauf und sichtete meine sich als reichlich erweisenden Papiervorräte. Ich liebe die Resultate solcher Aktionen – wenn andere Leute sie angefertigt haben. Selbst bin ich darin ungeschickt; ich habe Freude an der Haptik der verschiedenen Aquarell- und Bastelpapiere, doch beim Schneiden und Kleben gab es erst einmal eine Menge Ausschuss.
Irgendwann war das Produkt fertig, zusammengeklappt hat es A6-Format. Ich hatte wild darauf los geschnippelt und geklebt, unterschiedlich Papiersorten gemischt, mit Aquarellgrundierung versehen und zusätzlich noch diverse Collage-Elemente vorbereitet.
Als erstes schnitt ich eine kleine Skizze vom Mittagessen bei „Nordsee“ aus einem anderen Skizzenbuch aus und klebte sie ein – sie ist hier nicht zu sehen, nur der Leuchtturm kündet auf dieser Seite davon. Zu sehen sind drei besondere Löffel – am liebsten hätte ich „Eine kleine Geschichte von mir in sieben Löffeln“ erzählt und mich unendlich in den Assoziationen verloren, die die Dinge an unserer Seite auftun. Aber ich beschränkte mich erst einmal auf drei – mit Fortsetzungsoption.

Den „Göffel“ hat eine Freundin liegengelassen. Es ist ein superleichtes superhartes Objekt aus Titan, die Minimalistinnen-Variante des Besteckkastens für den Rucksack. Seltsamer Weise trägt er die Inschrift „Light my Fire“.
Der Suppenlöffel mit dem „Konsum“-Signet entstammt den unendlichen Tiefen der Besteckkiste auf meiner Arbeitsstelle (und ist inzwischen dorthin zurückgekehrt). Ein rauchender Schornstein und eine Sichel ergeben in typisch ostmoderner Ästhetik zusammen ein „K“ wie „Konsum“ (gesprochen Kónsumm) – dem Inbegriff des Lebensmittelgeschäfts in der DDR. (Das interessante Wurzeln in Lebensreform und Sozialdemokratie hat und in einem gemeinwohlorientierten Land wie der Schweiz z.B. als „volg“ überleben konnte.)
Der geschnitzte „Folklore“-Löffel kam durch einen der zahlreichen Osteuropa-Kontakte meiner Mutter in unseren Haushalt und hing viele Jahre als Dekoration in der Küche – mit einer dazu passenden Gabel als Salatbesteck. Ich hätte es gern benutzt, doch es ist klein und unhandlich, so wanderte es in eine Schublade, die „Mein Museum“ heißt und voll ist mit kleinen Dingen, über die ich – irgendwann einmal – schreiben möchte.

Am nächsten Tag saß ich am Schweriner Marienplatz und versuchte mich – gleich mit Füller – an einer kleinen Stadtansicht. Über die Dachsilhouette und ein paar Oberleitungen der Straßenbahn kam ich nicht hinweg, so dass ich das Ganze abends mit drei Äpfeln übermalte.
Das hätte ich vermutlich in einem konventionellen Skizzenbuch nicht getan, doch die Anmutung von Collage, die dem ganzen Projekt eigen ist, machte es möglich. Wie immer nimmt die locker aufgebrachte Grundierung die Angst vor dem leeren Blatt, macht munter und mutig. Es liegt darin auch die Gefahr, Lockerheit mit Schlampigkeit zu verwechseln und die Struktur zu verlieren. So hat mich dieses Probe-Projekt bis heute schon gelehrt, es nicht zu übertreiben mit „Mixed media“, nicht zu viele unterschiedliche Papiersorten und Collageelemente zu verwenden – zumal die einem auf Reisen sowieso in reicher Zahl in Form von Eintrittskarten, Prospekten, Zuckertüten & Co. zufallen.
Am Tag nach den Äpfeln bin ich zu mal wieder zu einer Dorfkirche über Land gefahren: Fortsetzung folgt.
Altmark
Veröffentlicht: 14. Februar 2022 Abgelegt unter: Alltag, Reiseskizzen, Urban Sketching, visuelles Tagebuch | Tags: Altmark, Gotik, Handarbeit, Renaissance, Urban Sketching, visuelles Tagebuch Hinterlasse einen Kommentar„In the middle of nüscht“ sagen die Altmärker zärtlich, wenn sie gefragt werden, wo sie leben. Hand aufs Herz: von Stendal haben wir vielleicht mal gehört, wenn von umgeleiteten Zügen die Rede war, aber von den Hansestädten Salzwedel, Tangermünde, Osterburg, Werben … ? Von einer schier unglaublichen Dichte an romanischen Dorfkirchen, von hoch über der Elbe aufragenden Backsteinmauern, die besterhaltene mittelalterliche Stadtkerne einschließen?
Am letzten Wochenende habe ich eine Freundin besucht, die genau dort lebt. Wir haben in der ersten Vorfrühlingssonne zeichnend draußen gesessen, uns danach im Café aufgewärmt und natürlich ausgiebig geplaudert. (Hat hier einer „geschnattert“ gesagt?)


Das Bild vom Ratskeller wollte ich zuerst verwerfen, weil ich vor lauter Gespräch die Gewölberippen verwechselt hatte. Dann aber entschloss ich mich zu einer Reparatur, habe aber dann doch nicht alles perfekt fertig gestrichelt.

Fläschchen
Veröffentlicht: 12. Februar 2022 Abgelegt unter: Alltag, Mixed Media, visuelles Tagebuch | Tags: Alltag, Medizin, visuelles Tagebuch Hinterlasse einen KommentarNeben der handfesten Hausarztmedizin habe ich viele Jahre die Pflanzen- und Naturheilkunde als fachliches Hobby gepflegt. Mit der Übergabe meiner Praxis in jüngere Hände war, neben vielem anderen, auch ein großer Vorrat an pflanzlichen und homöopathischen Mitteln zu sortieren. Ein Teil blieb am alten Ort, wo ich noch in kleinem Umfang damit weiterarbeite. Vieles habe ich mit nach Hause genommen, gesichtet und neu geordnet.
Dabei kam mir die Idee zu diesem Bild. Es zeigt einen kleinen Ausschnitt aus der Fülle, die mich über viele Jahre erfreut hat. Die Auswahl habe ich vorwiegend unter ästhetischen Gesichtspunkten getroffen. Ein bisschen „Trauerarbeit“ ist natürlich auch dabei, Erinnerungen daran, wie ich mir diese Kenntnisse vor nunmehr zwanzig Jahren erarbeitet habe, Nachdenken darüber, wie sich die geistige Landschaft in dieser Zeit verändert hat.* (Was sich u.a. darin spiegelt, dass die Firma „Staufen“, von der auf meinem Bild gleich zwei Fläschchen auftauchen, eines Tages sang- und klanglos mitsamt ihrem Schatz an Substanzen und Erfahrungswissen von der Bildfläche verschwunden war.)

* Um dieser Veränderung Rechnung zu tragen, hier eine Schlussbemerkung, sozusagen ein Disclaimer: Ich bin – selbstverständlich, würde ich gern sagen – gegen das Coronavirus geimpft und habe diese Impfung natürlich auch in meiner Praxis angeboten.
Berlin
Veröffentlicht: 7. Februar 2022 Abgelegt unter: Alltag, Reiseskizzen, Urban Sketching, visuelles Tagebuch | Tags: Berlin, Porträt, Urban Sketching, visuelles Tagebuch 2 KommentareAuf Karlsruhe folgte Berlin. Ich traf Freunde (einige Urban Sketcher darunter) und Verwandte; zwischendurch blieb noch Zeit, in meinem minimalistischen Hotel am Ostbahnhof den Leporello weiter zu füllen.

Am Nachmittag war ich mit zwei Urban Sketchern aus Berlin in der Markthalle Neun zum Zeichnen verabredet.

Markthallenzeichnen ist etwas, worum ich die Berliner jeden Winter beneide, es war allerdings relativ kühl, so dass wir im strömenden Regen noch weiter zum Oranienplatz in ein Café zogen. Hier entstand eine schnelle Skizze mit Blick in die Blaue Stunde.


Am nächsten Tag war ich noch mal mit zwei Zeichnern verabredet, dieses Mal im Technik-Museum. Das Hauptbild – den Dampfschlepper „Kurt-Heinz“ – habe ich schon gezeigt; beim Kaffee im ferienhalber leider recht vollen Imbiss blieb dann noch Zeit für ein kleines Porträt eines Mitzeichners. (Vor einigen Jahren hatte ich ihn schon mal gezeichnet.)

Nagori
Veröffentlicht: 3. Dezember 2021 Abgelegt unter: Mixed Media, Pflanzen, visuelles Tagebuch | Tags: Gemüse, visuelles Tagebuch Ein KommentarNagori – wörtlich „der Abdruck der Wellen“ – bedeutet auf Japanisch so etwas wie „die Sehnsucht nach der von uns gegangenen Jahreszeit“. Nagori ist das Gegenteil von Lebkuchen im September, von Erdbeeren im Winter, es blickt zurück auf eine bewusst gelebte Saison, die nun in die nächste übergeht – „Wie häufig wird es jetzt November“ dichtete einst Eva Strittmatter.
Letzten Sonnabend, am Vortag des Ersten Advent, habe ich in Kürbissen geschwelgt. Auf dem Markt hatte ich noch einen und noch einen Kürbis in meinen Einkaufstrolley gepackt – „Nehmse doch den großen, der Preis geht nach Stück!“ und die nette Gemüsefrau mit der Eröffnung verblüfft, dass ich so viele Kürbisse eigentlich gar nicht brauche. Aber wer kann schon bei dem wunderschönen weißschaligen „Flat White Boer“ widerstehen? Oder bei einem blauen Hokkaido?

Da liegen sie nun, dekorativ angeordnet und ergänzt um die farblich und saisonal passende Physalis, die meine Zeichenfreundin zu diesem gemütlichen Nachmittag mitgebracht hatte. (Die Schrift und das Datum kamen ein paar Tage später, als ich noch ein paar letzte Schatten und Lichter angebracht habe.)
Während ich noch den Blick auf die Kürbisse gerichtet hielt, ging still und leise der 1.Advent vorbei – und ich musste mich sputen, um mit Kranz, Kerzen und Engelchen nicht zu spät zu kommen. Deren Saison hat gerade angefangen, und mit ihr die von Pfeffernuss und Mandelkern, an denen ich nun guten Gewissens knabbere, während ich an diesem Text schreibe.
Super extra Kardamom
Veröffentlicht: 13. November 2021 Abgelegt unter: Allgemein, visuelles Tagebuch | Tags: Bollhagen, Bulgarien, Kaffee, visuelles Tagebuch 3 KommentareAn einen hellen Abend im Hochsommer, es war schon ziemlich spät, wollte ich auf einem Spaziergang noch etwas Kaffee für den nächsten Tag kaufen. Am Weg lag ein kleiner syrischer Laden; ich stieg die paar Stufen zu dem engen und bis unter die Decke vollgestellten Raum im Souterrain hinab. Es brauchte ein bisschen, bis ich mich verständlich machen konnte: ich wollte den Kaffee keineswegs gleich vor Ort trinken, sondern zu Hause kochen. Schließlich verließ ich das Geschäft mit einem goldfarbenen Päckchen.
Erst zu Hause sah ich das Kleingedruckte: „Super extra Kardamom“ – das würde eher keinen Frühstückskaffee in der großen Tasse abgeben. Ich las nach, wie man arabischen Kaffee zubereitet und freute mich, endlich das kupferne bulgarische Stielkännchen bestimmungsgemäß verwenden zu können: Kaffee ins Kännchen, heißes Wasser aufgießen und auf dem Herd mehrmals aufwallen lassen. Und ich lernte dazu: in Bulgarien hatte man den Kaffee seinerzeit auf türkische Art mit Zucker zusammen aufgekocht, dieser hier bleibt ungesüßt. (Ich lernte auch, dass dieser Vorgang Aufmerksamkeit braucht, sonst ist der Kaffee ganz schnell auf der Herdplatte.)
Ich war begeistert! Mit ein paar Datteln oder etwas süßem Gebäck dazu wurde es eine perfekte Nachmittagsfreude, ein kleines, nicht zu oft zelebriertes Ritual mit Kupfertablett und Mokkatasse. (Ja, Mokka und nicht Espresso, aus einem praktisch nie genutzten kleinen Bollhagen-Service, das meiner Sammelleidenschaft gedankt ist.)

Gestern war es mal wieder soweit, zu Feier eines freien Freitags gab es den Kaffee, und nach dem endgültigen Zuklappen der Schweizer Reisebücher konnte ich endlich ein neues Zeichenbüchlein beginnen. Ich hatte es noch vom letzten Jahr her liegen; die graue Variante hatte mich seinerzeit wenig überzeugt, und im Frühjahr behagte mir das herbstliche Braun nicht. Nun geht es schon auf den Winter zu, und ich freue mich auf den warmen Farbton.
Brauchtum
Veröffentlicht: 21. September 2021 Abgelegt unter: Allgemein, Bewohntes Gelände 10, Reiseskizzen, visuelles Tagebuch | Tags: Folklore, Kühe, Schweiz, visuelles Tagebuch 2 KommentareLetzten Samstag wurde in Mels die Alpabfahrt gefeiert. Ich verkürzte meine Wanderstrecke und stellte mich bei strahlendem Wetter mit an den Straßenrand, um die ankommenden Kühe und Ziegen zu bestaunen. (Im Übrigen eine unter Coronabedingungen nicht unumstrittene Aktion, in anderen Orten wurde alles Rahmenprogramm abgesagt.)
Wie läuft so etwas ab? Die Herden kommen wirklich, teils in Etappen, von den Bergen herunter und werden nicht etwa, wie vielleicht anderswo, am Ortsrand vom LKW geladen; teilweise sind die Älpler mit den Tieren 20 km unterwegs. Geschmückt werden sie natürlich erst kurz vorher. Bevor die Herde in den Ort einzieht, kann man sie eventuell auf einer höher gelegenen Straße kommen sehen; auf jeden Fall wird man sie hören. Eine Art dumpfes Dröhen und Trommeln von den Hufen, unerwartet rhythmisch, wird begleitet vom Geklapper der Treicheln (die wir gemeinhin als Kuhglocken bezeichnen.) Einige Kühe bekommen für die Zeit des Einzugs besonders große Treicheln umgehängt – das alles zusammen macht einen infernalischen Lärm.
Dann hieß es für mich: gucken, staunen – und fotografieren. Denn an Zeichnen war in dem Trubel kaum zu denken, das habe ich auf die kleinen Rasten bei Bratwurst und Kaffee beschränkt. (Natürlich gab es an den langen Tischen auch reichlich Bier und Wein.)

Irgendwann wurde es mir zu laut, zu voll und auch zu sonnig; ich spazierte ein bisschen in Richtung auf einen schattigen Berghang zu und fand mich neben einer Ziegenweide wieder. Ziegen zeichnen – darauf hatte ich schon die ganze Reise über gehofft. So lernte ich in den nächsten zwei Stunden, dass Ziegen lange Hälse haben, auf denen sie gern den Kopf schräg drehen – und dass zwei Böcke wirklich ganz schön bockig miteinander umgehen.


Am nächsten Tag goss es in Strömen! Was macht man bei solchem Wetter? Genau, man geht ins Museum. Fastnachtsmasken boten hier ein attraktives Zeichenmotiv, nach der Übung des Vortages gern ohne Vorzeichnung mit Füller zu Papier gebracht.

Den Abend des Regentages brachte ich damit zu, aus meinen Fotos ein Skizzenblatt zusammenzustellen. Ich habe eine Menge gelernt über Tschäppel (das sind die seltsamen Kronen, die die Kühe aufhaben), Glockenriemen, Bauchgurte und Stirnschilder – und weiß nun auch, warum die Bauern so viele Dahlien in ihren Gärten stehen haben.
Am meisten allerdings haben mich die Menschen fasziniert. Mit welch aufrechter Bodenhaftung, stolz und in sich ruhend die Älplerinnen und Älpler dort vor ihren Herden her gingen – davon habe ich ein bisschen versucht in mein Bild zu holen.
Spargel am Abend
Veröffentlicht: 3. Juni 2021 Abgelegt unter: Allgemein, Alltag, Artist Journal, Ink&Wash, Pflanzen | Tags: Alltag, Füllfederhalter, Gemüse, visuelles Tagebuch 2 KommentareDer grüne Spargel sah so hinreißend aus, dass ich ihn unbedingt kaufen musste: Die Köpfe mit festen, leicht glänzenden Schuppen in unterschiedlichen Lilatönen, die Stiele in kräftigem Grün, zur Basis hin in ein Braunviolett übergehend. Essen würde man ihn natürlich auch können, aber vor allem erwarb ich ihn zum Zeichnen.
Ich wickelte die Stangen in ein feuchtes Tuch und versenkte sie im Gemüsefach des Kühlschranks. Es folgte ein gut gefülltes Wochenende voller Zeichnerei und Besuch; ich stellte endlich die Balkonbepflanzung fertig, grummelte ein bisschen am Schreibtisch herum und verschwendete nicht einen Gedanken an den Spargel. Der tauchte erst am Montagabend wieder auf, frischer als ich.

Also habe ich ihn gezeichnet (und danach natürlich noch geputzt und gekocht), bis es schon wieder viel zu spät geworden war. Mein neuer Füller mit der variablen Strichbreite half mir dabei, er glitt ganz von allein über das Papier. Auch Lila und Grün waren schnell zur Hand. Am nächsten Abend gab es Spargelsalat, der so hübsch aussah, dass ich ihn am liebsten gezeichnet hätte.
Das ist dann schon wieder eine andere Geschichte.