Samurai

Inzwischen bin ich in Berlin angekommen. Wie immer fiel es mir schwer, mich auf die Großstadt mit ihrem Gewimmel einzulassen, nach so langer Zeit unter freiem Himmel und mit vorwiegend mir selbst als Gesellschaft. Aus der unendliche Zahl an Möglichkeiten entschied ich mich für das Samurai–Museum, das erst kürzlich aus einer Privatsammlung entstanden ist.

Im Berliner Samurai-Museum

Ich war überwältigt von der schieren Zahl der doch so sehr fremdartigen Exponate und von ihrer großzügigen und eindrucksvollen Präsentation. Nachdem ich mich etwas eingesehen hatte, entschloss ich mich, die lebensgroß und sehr realistisch dargestellten Kriegerfiguren zu zeichnen, dazu noch eine Rüstung mit einem gigantischen Halbmond auf dem Helm.

Konnte man mit so einem Teil auf dem Kopf noch kämpfen? Oder war das ein Dekor-Helm für Turniere, wie es sie in Europa auch gab? (Auch bei gehörnten Tieren beendet die Natur irgendwann das Größenwachstum.)

Die Ausstellung, obschon reich kommentiert, ließ bei mir viele Fragen offen, nach den Bildern von Männlichkeit in verschiedenen Kulturen, nach Unterschieden und Ähnlichkeiten zu unseren europäischen Ritteridealen (und nach der Wirklichkeit dahinter) und natürlich immer wieder nach dem, wonach Brechts lesender Arbeiter schon fragte:

… Der junge Alexander eroberte Indien.
Er allein?
Cäsar schlug die Gallier.
Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?
Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte
Untergegangen war. Weinte sonst niemand?
Friedrich der Zweite siegte im Siebenjährigen Krieg. Wer
Siegte außer ihm?

Jede Seite ein Sieg.
Wer kochte den Siegesschmaus?
Alle zehn Jahre ein großer Mann.
Wer bezahlte die Spesen? …

Bertolt Brecht „Fragen eines lesenden Arbeiters“