Der Holzkirchner Reiter

In der langen und von zahlreichen Zerstörungen und Wiederherstellungen geprägten Geschichte des Klosters Holzkirchen sind nur wenige mittelalterliche Bauteile erhalten geblieben. Eines davon ist ein Sandsteinrelief mit zwei ungewöhnlichem Darstellungen: einem Reiter auf einer Eselin und einem bärtigen Mann, der ein Einhorn trägt. Der Reiter ist durch eine Umschrift als Christus gekennzeichnet: „Du, auf dem Reittier einziehender Christus wolltest mit deiner erhobenen Rechten den Segen über unsere Häuser geben.“ Der bärtige Mann – den ich hier nicht gezeichnet habe – stellt vermutlich Gottvater dar. Die Bilder lassen mich in ihrer ungewöhnlichen, frischen und naiven Ikonographie an einen Comic denken.

Der "Holzkirchner Reiter", ein ca. 40 cm breites romanisches Sandsteinrelief. PITT- Marker und Wasserfarbe.

Der „Holzkirchner Reiter“, ein ca. 40 cm breites romanisches Sandsteinrelief. PITT- Marker und Wasserfarbe.

Eine weitere ungewöhnliche Christusdarstellung findet sich an der Rückseite der Kirche auf dem Gelände des Benediktushofs: der „Lehrende Christus“ von Gisela Drescher. Die lebensgroße Plastik strahlt starke Präsenz und große Schönheit aus, zumal sie bewusst so gestaltet ist, dass man ihr gegenüber Platz nehmen kann.

"Lehrender Christus", Skulptur von Gisela Drescher.

„Lehrender Christus“, Skulptur von Gisela Drescher.


Benediktushof

Prälatenbau am Benediktushof Holzkirchen, frühneuzeitlicher Gebäudeteil der Klosteranlage.

Prälatenbau am Benediktushof Holzkirchen, frühneuzeitlicher Gebäudeteil der Klosteranlage.

Der Benediktushof ist ein spirituell orientiertes Seminarhaus auf dem Gelände einer alten Klosteranlage, ein Ort mit einer ganz besonderen Ausstrahlung und Atmosphäre. In den letzten zwei Jahren durfte ich im Rahmen einer Kursweiterbildung dort mehrmals einige Zeit verbringen. Dieses – vorerst letzte – Mal habe ich mich in den freien Stunden zeichnend der wechselvollen Geschichte der Klosteranlage gewidmet: gegründet wurde es bereits 775, also in frühmittelalterlicher Zeit, als Franken noch von dichten (Ur)Wäldern bedeckt war, an die noch viele Namen in der Region erinnern, nicht zuletzt der Ortsname Holzkirchen.

Dieses Bild zeigt den sogenannten Prälatenbau, ein Gebäude, das um 1550 errichtet wurde. Da blickte das Kloster bereits auf 800 Jahre zurück!


Nur eine Säule …

… zeugt von des Palastes Pracht, so oder so ähnlich klingt eine Zeile zu mir herüber, ich weiß nur nicht, woher und von wem. Genau genommen stehen im Benediktushof auch noch ein paar mehr romanische Säulen als nur eine, und ein Palast dürfte das Kloster auch in seinen besten Zeiten nicht gewesen sein. Wie dem auch sei, bei meinem letzten Aufenthalt habe ich endlich die Gelegenheit ergriffen und eine der Säulen des ehemaligen Kreuzgangs gezeichnet. Es sind etwa anderthalb Meter hohe, reich verzierte Mittelsäulen romanischer Doppelbögen, mit Kapitellen, die z.T. im wahrsten Sinne etwas zusammengewürfelt aussehen, aus unterschiedlichen Teilen zusammengesetzt, aber dazu vielleicht später noch einmal mehr. Bei dieser Säule habe ich das Kapitell nur angedeutet und mich ganz auf das kunstvolle steinerene Flechtwerkmuster konzentriert. (Die Säulen sind nicht nur zusammgesetzt, sie sind vorwiegend Repliken – wie viele romanische und gotische Sandsteinbildhauereien waren die Originale vom Zahn der Zeit  schon sehr angenagt.)

Säule mit steinernem Flechtmuster. Wasserfarbe und verschiedene Marker in Stillman&Birn Beta.

Säule mit steinernem Flechtmuster. Wasserfarbe und verschiedene Marker in Stillman&Birn Beta.


Elfenblume

Mit seinen immergrünen, nach Laubfärbung ausgewählten und in Form geschnittenen Gewächsen ist der „Garten der Stille“ am Benediktushof auch im Winter ein schöner Ort. Ich nahm einen Bodendeckerzweig mit in mein Zimmer und legte in den Seminarpausen immer mal eine Lasur auf das Bild. Bald merkte ich, dass ihm das fragmentarische gut stand, und arbeitete nur ein Blatt vollständig aus – eine Meditation über die Schönheit des Unvollkommenen ebenso wie über das Loslassen eines „Werkes“.

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Epimedium spec., vermutlich x versicolor „sulphureum“, Aquarell auf 300g Arches satiné.

Meine Freude am fragmentarischen hinderte mich allerdings nicht daran, zu Hause nach dem Namen der unbekannten Schönen zu suchen: Epidemium,  die „Elfenblume“ nach den hübschen, elfenartig tanzenden Blüten – ich erinnerte mich daran, sie im Frühjahr gesehen zu haben. Der englische Name „Barrenwort“ – „Unfruchtbarkeitskraut“ verweist allerdings auf eine weniger elfenhafte Anwendung: die Pflanze ist mit Sildenafil-(Viagra)-ähnlichen Inhaltsstoffen ein aus der Traditionellen Chinesischen Medizin bekanntes Aphrodisiakum.

Und, ja: Der „Bund Deutscher Staudengärtner“ hat der Pflanzengruppe den Titel „Staude des Jahres 2014“ verliehen – was es nicht alles gibt …


Der Weg der Blume

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Die letzten vier Tage habe ich bei einem Seminar am Benediktushof verbracht. Ich habe mich beim Zeichnen auf das Blumengesteck in unserem Seminarraum beschränkt (bzw. beschränken müssen, denn die thematische Arbeit ging vor.) Die Anklänge an den Stil japanischer Holzschnitte sind nicht zufällig, sind doch die Gestecke dort im Geist des „Weges der Blume“ – Kadō – gefertigt. Kadō umfasst neben der technischen Seite der Blumensteckkunst Ikebana auch meditativ-spirituelle Aspekte im Geist des Zen.

Morgrn breche ich dann von Naumburg aus auf zweiten Etappe meiner ganz persönlichen Pilgerreise.