Der psychedelische Garten

Ganz oben auf meinem – ansonsten sehr ruhig angelegten – Besichtigungsprogramm in Funchal stand der Jardim Palheiro, auch unter dem Namen „Blandy’s Garden“ bekannt. Ich hatte ihn erst im vergangenen Jahr, bei meinem dritten Madeira-Aufenthalt, entdeckt und wusste kaum, wie ich ihm zeichnerisch beikommen sollte. Zur Geschichte und Anlage habe ich hier einiges geschrieben.

Besonders erinnerte ich mich an die wohl über hundert blühenden Kamelien und an einen etwas verwilderten, abseitigen Gartenabschnitt, in dem Montbretien und Calla unter europäisch-winterlich kahlen Platanen wucherten – ein wahrhaft psychedelischer Anblick. (Für Nicht-Gärtner: Montbretien sind leuchtend orange, bis zu einem Meter hohe lilienartige Hochsommerpflanzen, Calla große weiße Trichter, die man für viel Geld beim Blumenhändler kauft. Beide erwartet man eher nicht im Frühlingswald.)

Die dritte Pflanzenart, die um diese Jahreszeit den hochgelegenen Garten prägt, sind Magnolien von leuchtendweiß bis tiefviolett, z.T. als riesige alte Bäume.

Ich war mit dem ersten Stadtbus, der fast direkt vor meine Haustür abfuhr, hochgekommen und hatte in den ersten anderthalb Stunden den Garten für mich allein – bis dann nach und nach einige Besucher kamen – der klassische Kurzurlauber verirrt sich hier eher nicht hinauf. Und so konnte ich ganz in Ruhe eine Gartenrunde drehen, bevor ich wusste, was und wie ich zeichnen wollte. Locker vorkolorierte Seiten und Postkarten halfen mir, es nicht allzu genau zu nehmen.

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Eine von hunderten – eine rosa Kamelie hängt über den Weg.


Kamelie

Vor dreizehn Jahren bekam ich von einem wohlmeinenden Menschen, der die heiklen Ansprüche dieser Pflanzen nicht kannte, eine Kamelie im Topf geschenkt. Sie verlor Blüten und Knospen erwartungsgemäß schon beim Hinsehen, und was immer ich in den folgenden Jahren mit ihr anstellte, sicherte zwar ihr Überleben, führte aber allenfalls zu mickrigen Einzelblüten. Seit vier Jahren steht sie im Garten des Hauses, in dem ich wohne, in Seenähe, im leichten Schatten von Apfelbäumen und Holunderbüschen, und nach dem milden Winter ist es endlich soweit: sie blüht so üppig, dass ich seit vier Wochen immer mal zwei, drei Blüten für die Vase schneiden kann. Zu meiner Überraschung halten die prachtvollen Blütenköpfe, einmal geschnitten, tagelang Form und Schönheit, und ich kann sie mir gut in Haar oder Dekolleté einer Kameliendame vorstellen.

Kamelienblüte. Polychromos Farbstifte in S&B Zeta.

Kamelienblüte. Polychromos Farbstifte in S&B Zeta.