A Email hammer net
Veröffentlicht: 21. Oktober 2016 Abgelegt unter: Allgemein, Bewohntes Gelände 5, Mai 2016, Reiseskizzen, Urban Sketching, visuelles Tagebuch | Tags: Alltag, Burg, Fränkische Schweiz, Oberfranken 2 Kommentare„A Email hammer net, schicken’s a Kartn“. Das hatte ich getan und mich auf diese Weise im Gasthof von Wohlmannsgesees auf dem Fränkischen Jura angemeldet. Als ich bei sanfter Nachmittagssonne dort ankam, hing ein Zettel an der Tür: „Bin in einer Stunde wieder da. Anna!“ Ich setzte mich auf die Bank vor dem Haus und wartete, doch die Stunde verging, die Sonne verschwand, es wurde kühl und wer nicht kam, war Anna. Bis sie schließlich auf einem Balkon auftauchte, Wäsche aufhängend und mir versichernd, sie wäre hinten im Haus gewesen und hätte immer gehorcht, ob ein Auto kommt …
Zu meiner Überraschung ist Anna Heid, obschon Witwe, keine alte Frau, sie mag jünger sein als ich und bewirtschaftet Gasthof samt Obst- und Gemüsegarten mit gelegentlicher Unterstützung ihrer Brüder allein. Sie kochte mir erst einmal eine große Kanne Kräutertee aus dem Garten, natürlich war auch das Essen hervorragend. Das meiste im Haus ist Original 70er Jahre, Fototapete, Badfliesen, Lampen und eben auch das Geschirr; doch im Gegensatz zu anderen Unterkünften ist alles picobello, wie neu und blitzsauber.
Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt und kann jedem, der die Fränkische Schweiz besucht, empfehlen, Anna Heid eine Karte zu schreiben und wenigstens eine Nacht in ihrem Gasthaus zu verbringen.
Am nächsten Tag bin ich weiter gewandert, durch Wälder voller Schopftintlinge und anderer interessanter Pilze, über hügelige Weiden mit Felsblöcken wie in einem japanischen Garten und selbstverständlich auch an der obligatorischen Burg vorbei.

Die 70er Jahre und das Mittelalter sind in der Fränkischen Schweiz sehr präsent. PITT-Pens, Super5-Tinte in grau und etwas Wasserfarbe.
Inspiration Burgruine
Veröffentlicht: 20. Oktober 2016 Abgelegt unter: Allgemein, Bewohntes Gelände 5, Ink&Wash, Reiseskizzen, Urban Sketching | Tags: Burg, Fränkische Schweiz, Oberfranken Hinterlasse einen KommentarIn der Fränkischen Schweiz gibt es fast so viele Burgen (in verschiedensten Erhaltungszuständen) wie Felsen, auf die man eine stellen kann. Eine der bekanntesten ist die Ruine Neudeck gegenüber von Streitberg. (Das wiedrum bekrönt wird, wen wundert es, von den Resten der Streitburg. Vermutlich war das seinerzeit keine sehr friedliche Gegend.)
Nach meiner Übernachtung im Alten Kurhaus bin ich in schönstem sanften Herbstblau nach Neideck hochgestiegen und wollte es mir schon zum Zeichnen gemütlich machen, als ich ein Stück weiter noch jemanden den mit Block und Stift sah. Noch ein Zeichner, dachte ich erfreut und ging hin, um „Guten Tag“ zu sagen. Beim Näherkommen sah ich, dass der Mann mitnichten zeichnete, sondern schrieb, ja, dass überall auf Mäuerchen und Bänken schreibende Menschen saßen! Ein Schreibseminar war auf Inspirationstour hier oben, bei näherer Betrachtung noch ergänzt durch zwei ebenso eifrig werkelnde Fotografen.
Später kamen auch noch ein paar Leute, die nur die Aussicht genießen oder ihren Hund ausführen wollten. Für das ungeschulte Auge ist von der Burg nur die Ruine des Wohnturms zu sehen, es war aber einmal eine große und bedeutende Anlage, über die man auf den (sehr zahlreichen!) Infotafeln eine Menge erfährt.

Ruine der Burg Neideck in der Fränkischen Schweiz.
Altes Kurhaus
Veröffentlicht: 17. Oktober 2016 Abgelegt unter: Allgemein, Bewohntes Gelände 5, Mixed Media, Reiseskizzen, Urban Sketching | Tags: Fachwerk, Fränkische Schweiz, Oberfranken Ein KommentarManche Stadtzentren erzählen dort besonders eindringlich ihre Geschichte, wo eine Generation die Bausünden der nächsten verschlimmbessert hat. Mit Häusern kann es ähnlich sein, besonders dann, wenn sie bereits ein paar Hundert Jahre alt sind, wie das „Alte Kurhaus“ in Streitberg. Mit heutigen Augen besonders schmerzlich anzusehen sind die Umbauten der letzten fünfzig Jahre, hässliche Veranden mit Sperrholztüren, billige Pseudosprossenfenster und falsche Butzenscheiben.
Zum Glück – so stellte ich beim Zeichnen fest – waren Maßstab und Ausschnitt meiner Abbildung dann doch recht versöhnlich gewählt … (Der Name „Kurhaus“ bezieht sich auf die im 19.Jahrhundert populäre „Molkenkur“, eine spezielle Art des Fastens.)

Das Hotel „Altes Kurhaus“ in Streitberg in der Fränkischen Schweiz. Füller und PITT-Pens.
Volkskunde
Veröffentlicht: 15. Oktober 2016 Abgelegt unter: Allgemein, Bewohntes Gelände 5, Mixed Media, Reiseskizzen, Urban Sketching, visuelles Tagebuch | Tags: 60er Jahre, Brauerei, Fränkische Schweiz, Oberfranken, Pilgerweg, Wirtschaftswunder Hinterlasse einen KommentarDie fünfte Etappe meiner Pilgerwanderung hat begonnen. Einmal längs und vielleicht auch ein bisschen schräg von Deutschlands Mitte bis zum Bodensee, so ist es geplant, angekommen bin ich mittlerweile in Oberfranken. Bamberg war der Schlusspunkt der vierten Etappe, Nürnberg das nächste Ziel. Dazwischen: Die Fränkische Schweiz, ein kleines bisschen östlich der als solche ausgeschriebenen Pilgerwege. Eine ländliche und, ja, ein bisschen abgelegene Gegend, das hatte ich schon bei den Vorbereitungen gemerkt.
Die erste Übernachtung im Kloster Kirchschletten, wo ich vergangenes Jahr aufgehört hatte, und dann weiter hügelauf hügelab Richtung Südosten, Unterkunft in Würgau in einem Brauereigasthof, wie es hier noch viele gibt, kleine Familienbetriebe, wo die Leute aus den umliegenden Dörfern ihr Bier kastenweise holen und auf eine Brotzeit oder einen Braten mit Klößen einkehren.

Die „Brauerei Hartmann“ in Würgau. Der Gasthof ist fachwerkhübsch, doch die Braukessel tragen Wirtschaftswundermode – Kacheldekor und eloxierte Fensterrahmen.
Am nächsten Tag 150 Höhenmeter hoch auf den Fränkischen Jura, ein Karstplateau, das immer mal wieder von tiefen Schluchten durchzogen wird. Oben flaches Land, fast parkartig, Schlehen- und Weißdornhecke filtern den hier vermutlich immer wehenden Wind, Kreuze und Kapellen an jeder Wegkreuzung. Im Dorfgasthaus sitzt, als wäre er für die Zeichnerin bestellt, der Herr Pfarrer mit am Stammtisch.

Stammtischpublikum in den „Drei Kronen“ in Königsfeld/Oberfranken.
Bergstadt
Veröffentlicht: 19. Dezember 2015 Abgelegt unter: Allgemein, Bewohntes Gelände | Tags: Bamberg, Gotik, Himmelsgarten, Michelsberg, Oberfranken, Oeslau, Pilgerweg Ein KommentarBamberg hat so viel schönes Altes zu bieten, dass ein Aufenthalt von nur zwei Tagen einem Menschen mit Skizzenbuch immer wieder eine Auswahl aufnötigt. So hatte ich mich Ende Oktober für die Bergstadt entschieden, die sich oberhalb des Doms weit in die umgebenden Hügel erstreckt. Ausgedehnte ehemalige Klosteranlagen mit Kirchen, Gärten und Mauern geben dem Gelände eine altertümliche Struktur, auch wenn seit dem 19.Jahrhundert vieles davon säkular genutzt wird – als Museen, Kliniken und Parks.

Blick vom Bamberger Jakobsberg zum Kloster Michelsberg.
Das Kloster Michelsberg – es hat als eine der ältesten Gründungen des Bistums gerade sein 1000jähriges Jubiläum gefeiert – ist vor allem bekannt durch den so genannten „Himmelsgarten“ – die Ausmalung des Gewölbes mit zahlreichen botanisch exakten Pflanzen. Ich hatte ihn vor einigen Jahren besichtigen können. Zur Zeit ist die Klosterkirche leider wegen schwerer Bauschäden bis auf weiteres gesperrt.
Ich hatte diese Malerei immer für einmalig gehalten und staunte nicht schlecht, auch das hochkomplexe spätgotische Zellengewölbe der Oeslauer Johanniskirche (nahe Coburg) mit solcher Bemalung geschmückt zu finden. (Auf meiner Zeichnung hatte ich mich allerdings auf das Gewölbe beschränkt.)

In der Villa Remeis auf dem Bamberger Jakobsberg. Die Zeichnung ist vor Ort begonnen und fertig gestellt, weshalb ich auch den Herrn mittleren Alters, der ganz selig sein sehr kleines Enkeltöchterchen betrachtet, nur angedeutet habe.
Am nächsten Tag bin ich noch einmal auf den Jakobsberg gestiegen und habe in der Villa Remeis gerastet. Karl Remeis war ein Bamberger Astronom und Mäzen, in dessen ehemaligem Wohnhaus (von bescheidenen Ausmaßen, doch atemberaubender Lage) jetzt ein Café mit Weitblick zu finden ist.
Königliche Anmut
Veröffentlicht: 8. Dezember 2015 Abgelegt unter: Allgemein, Bewohntes Gelände | Tags: Bamberg, Muttergottes, Oberfranken, Pilgerweg Ein Kommentar
Spätmittelalterliche Marienstatue aus dem Diözesanmuseum Bamberg.
Das englische Wort grace bedeutet sowohl Gnade als auch Anmut (die im Deutschen ja auch Grazie heißt), seine lateinische Wurzel gratia fügt dem noch den Dank hinzu. „Gegrüßt seist du, Maria, voll der Anmut“: Da ist die Muttergottes uns nördlichen Protestanten gleich nicht mehr ganz so unvertraut.
Diese Marienstatue begegnete mir im Diözesanmuseum in Bamberg, einem ruhigen Ort, an den ich mich aus dem Samstagsnachmittagstrubel des Doms zurückgezogen hatte. Bei aller Anmut hat sie auch etwas strenges, hoheitsvolles, königliches. Aus der Beschriftung erfahre ich, dass die Figur wohl die spätgotische Überformung eines älteren, vermutlich romanischen Kerns ist – aus einer Zeit, als die Madonna noch als strenge Himmelskönigin in herrscherlicher Pose dargestellt wurde. Auch das Jesuskind mag einmal „ernsthafter“ ausgehen haben als dieser Knabe, der seine Füßchen im ordentlichen Schleier der Mutter verheddert.
Durch die Mainauen nach Bamberg
Veröffentlicht: 5. Dezember 2015 Abgelegt unter: Allgemein, Bewohntes Gelände | Tags: Bamberg, Gotik, Oberfranken, Pilgerweg Hinterlasse einen KommentarVon Kirchschletten aus bin ich bei schönem Herbstwetter Richtung Bamberg gelaufen. Anfangs war es richtig sonnig, später stellte sich eine verhangene, sanfte Stimmung ein, die gut zu den stillen und unerwartet schönen Dörfern in der Mainaue passte. Es sind sehr alte Siedlungsplätze, meist auf kleinen warftartigen Anhöhen gelegen.

Blick auf Ebing am Obermain. Super5-Tinte und Wasserfarbe.
Am nächsten Tag war ich dann in Bamberg unterwegs. Am Bauernmarkt mit seinen vielen alten Apfel- und Birnensorten, mit Honig und Nüssen konnte ich mich gar nicht satt sehen.
Im Diözesanmuseum des Bamberger Doms (der Dom selbst war am Samstag Nachmittag rappelvoll, so dass ich mich dorthin zurückgezogen hatte), konnte ich mich ganz in Ruhe und auf Augenhöhe noch einmal mit Maßwerk beschäftigen. So habe ich dann auch verstanden, warum es so maßlos schwer zu zeichnen ist: die aus Kreissegmenten zusammengesetzten Formen scheinen einfach, doch entsteht ihre Komplexität aus der Räumlichkeit mit den vielen Schrägen.
Beide Zeichnungen sind vor Ort entstanden und auch abgeschlossen, lediglich die Schrift unter dem Maßwerk habe ich später ergänzt.

Skizze vom Bamberger Bauernmarkt in Tinte und Wasserfarbe. Das Maßwerk im Diözesanmuseum ist mit Bleistift gezeichnet.
Maria Frieden
Veröffentlicht: 4. Dezember 2015 Abgelegt unter: Allgemein, Bewohntes Gelände | Tags: Kloster, Oberfranken, Pilgerweg 3 KommentareFolgt man dem Pilgerweg von Lichtenfels nach Bamberg, bietet sich die Abtei Maria Frieden als Herberge an. Das Benediktinerinnen-Kloster liegt abseits größerer Straßen in dem kleinen Ort Kirchschletten. Es wurde erst in den 50er Jahren gegründet und wird von philippinischen, japanischen und deutschen Nonnen bewohnt und bewirtschaftet. Wie so viele Klöster hat auch dieses ein Nachwuchsproblem und viele der Ordensfrauen sind mittlerweile hochbetagt.
Als ich auf meinem Weg Ende Oktober dort ankam, hatte sich das Wetter gerade wieder eingetrübt, es regnete stetig und ich stapfte tropfend durch den Wald auf der letzten Hügelkette, die mich noch von Kirchschletten trennte. Um so schöner erschien mir das Dorf, wie es da vor mir am Hang lag, mit einer Ausstrahlung von Ruhe und Frieden, der dem Namen des Klosters alle Ehre machte.

Kirchschletten in Oberfranken. Die Schrift ist einer geschmiedeten Kalligraphie am Klostertor nachempfunden.
Noch ein heiliger Hügel
Veröffentlicht: 20. November 2015 Abgelegt unter: Allgemein, Bewohntes Gelände | Tags: Oberfranken, Pilgerweg, Staffelberg, Vierzehnheiligen, Wallfahrtskirche Hinterlasse einen Kommentar
Die Hankirche oberhalb von Prächting
Das Land am Obermain ist reich an mit Kirchen und Kapellen bebauten Hügeln. Neben den drei weithin bekannten – Vierzehnheiligen, Staffelberg und – auf der anderen Mainseite – Kloster Banz, gibt es noch weitere, weniger prominente. Auf meinem Weg vom Staffelberg Richtung Bamberg sah ich schon von weithin die Hankirche, die oberhalb des Dorfes Prächting neben einem einzelnen Gehöft liegt. Als Pfarrkirche des kleinen Ortes wirkt sie überdimensioniert und ein bisschen verlassen (und war, als ich dort rastete, verschlossen wie überraschend viele Kirchen in dieser Gegend.)
Später las ich, dass der seltsame Name sich von Hain herleitet (und man das „a“ demnach wohl lang ausspricht), und zwar durchaus im Sinne von „heiliger Hain“. In Mittelalter und Barockzeit hatte sie noch Bedeutung als regionale Wallfahrtskirche.


