Notsicherung

Das mittelalterliche Schwerin hatte vermutlich drei Siedlungskerne: Die ehemals slawische Burginsel (aus der das berühmte Schloss werden sollte), den Dombezirk und eine nördlich davon gelegene Kaufmannssiedlung. Aus dem Dombezirk wurde die heutige Altstadt und aus der Kaufmannssiedlung „die Neustadt auf dem Schelfe“, 1705 mit eigenem Stadtrecht versehen und erst Mitte des 19.Jahrhunderts mit der Stadt Schwerin vereinigt. Die Kaufmannssiedlung hatte schon früh eine eigene Kirche gehabt, wie alle Kaufmannskirchen eine Nikolaikirche.

Diese Kirche verfiel nach der Reformation und musste nach einem schweren Sturmschaden 1703 abgerissen werden; zehn Jahre später, 1713, wurde die neue Kirche geweiht. Es ist der erste Kirchenbau in Mecklenburg nach der Reformation, ein ungewöhnlicher barocker Backsteinbau. Er wurde mit einem Kupferdach einer aufwändigen Konstruktion gedeckt, doch die Bauaufsicht war anscheinend weniger ehrgeizig – Kupferplatten wurden unterschlagen, das Dach war von Anfang an undicht. Damit nahm das Elend seinen Lauf, dessen vorläufiges Ende der Befund eines massiven Holzschwammbefundes im Dachstuhl ist.

Um die Kirche weiter betreiben zu können, wurde im Inneren eine Notsicherung eingebaut, die den maroden Dachstuhl nicht nur abstützt, sondern auch sanft anhebt. Wie das genau funktioniert, kann man in diesem Artikel der Deutschen Stiftung Denkmalsschutz nachlesen: Denkmal in Not. Dort ist auch ausführlich beschrieben, wie es zu dem Fäulnisbefall kam und welche akrobatischen Übungen erforderlich waren, um überhaupt eine Diagnose stellen zu können.

Die Schweriner Urban Sketchers trafen sich heute in der mit 8° halbwegs temperierten Kirche. Der Innenraum hat eine schöne klassizistische Ausstattung, die viele Zeichenmotive bietet, doch ich kam an dem Notsicherungsturm nicht vorbei. Die Balkenkonstruktion verlangte mir so viel ab, dass ich anderthalb Zeichenstunden lang vergaß, zu frieren … Zu Hause habe ich noch ein bisschen Farbe ergänzt, alles andere war fertig geworden.

Wer einen kleinen finanziellen Beitrag zu der Dachsanierung leisten will, kann das auf dem Spendenportal der Schelfkirche tun – natürlich gibt es auch von offizieller Seite Unterstützung, aber der nötige Eigenanteil der Gemeinde muss dennoch aufgebracht werden.


Treffurt

Als ich im Frühjahr diesen Jahres mit dem Rad die Werra entlang nach Westen und Norden fuhr, war ich nicht auf die Dichte an schönen Orten gefasst gewesen, wunderbare alte Ortskerne musste ich ungezeichnet, ja fast ungewürdigt an mir vorüberziehen lassen.

Treffurt mit seinem perfekt erhaltenen Ortsbild ist einer von diesen Plätzen, vielleicht der schönste. Das Städtchen zieht sich malerisch einen steilen Hang hinauf, der von einer mittelalterlichen Burg gekrönt wird. Es gab keine Kriegsschäden. Später lag der Ort im Grenzgebiet der DDR zu Westdeutschland und war damit weitgehend von der Welt abgeschnitten. Nach der Wende begann die Deindustrialisierung der ohnehin strukturschwachen Region; junge Menschen im erwerbsfähigen Alter wanderten ab.

Heute, an einem Montag und Brückentag, hätte die Stadt auch von einer Dornröschenhecke umgeben sein können, so still war sie.

Zeichenmotive gab es die Hülle und die Fülle, die Wahl war, wie so oft, vom Lichteinfall bestimmt. So kam ich zum „Pfuhlshof“, der schön im Streiflicht lag; gegenüber ein schattiger Hauseingang.

Was ich nicht erwartet hatte: eine zeichnende Person war hier ein Ereignis! Ich glaube, ich bin noch nie so oft angesprochen worden. Die Bewohnerin des Hauses, auf dessen Stufen ich saß, brachte mir einen Kaffee (es entwickelte sich daraus ein sehr schönes Gespräch), die Dame von gegenüber kam, ein älterer Herr, der den Laden der Fotografin hinter mir leider so verschlossen fand wie fast alles in Treffurt, ein Radfahrer und noch einer …

Für den Nachmittag hatte ich mir das Rathaus vorgenommen. Es wird von einem mehrgeschossigen, in Fachwerk ausgeführten Turm dominiert, der eher groß ist als schön.

Während ich visierte und maß und strichelte (ich brauchte zwei Anläufe), hatte ich immer mal einen Blick für die Szenerie übrig, die — unterhalb des Turms und den dort aufgestellten großen Sonnenschirmen— seltsam genug war: Das Eiscafé zu den Schirmen ist montags die einzige Einkehrmöglichkeit vor Ort, es war warm, fast heiß und ein Brückentag an einen beliebten Fernradweg. Das Eiscafé wird mangels Personal vom Inhaber allein betrieben, man holte sich Kaffee und Eisbecher mit Tablett von der Theke ab — was in einem Ein-Mann-Betrieb entsprechend dauerte.

Die Leere und Stille des Ortes ergaben zusammen mit der Herbsthitze, den schlangestehenden Touristen und dem seltsamen Turmgebäude ein verfremdetes Gefühl, etwas zwischen Coronasommer und surrealistischem Film …


Vor Gericht

Der Schweriner Demmlerplatz liegt am nördlichen Rand der heutigen Innenstadt. In früheren Jahrhunderten befand sich auf diesem Hügel die „Königsbreite“, ein Richtplatz, weit außerhalb der Altstadt. Mecklenburg industrialisierte sich langsam, entsprechend gemächlich vergrößerte sich die Stadt. In den fetten Jahren zwischen 1900 und dem Ersten Weltkrieg war der Stadtrand bis hier vorgerückt, mit hübschen bürgerlichen Häusern, und 1916 war das Gerichtsgebäude fertig geworden. Ein gewaltiger Kasten, stadtseitig zwischen Neoklassizismus und Art Déco – die Rückseite, die damals auf die Felder hinaus ging, gehörte zum Untersuchungsgefängnis und blieb entsprechend undekoriert.

Seit ich mit dem Fahrrad zur Arbeit fahre, streife ich diesen Stadtbezirk auf meinem Arbeitsweg und nehme mir immer wieder vor, hier zu zeichnen. Gestern war es endlich soweit, im Kreis der Schweriner Urban Sketchers.

Während einige von uns vor der einschüchternden Präsenz des Gebäudes zu den Stadtvillen flohen, nahm ich es mutig mit dem Eingangsbereich auf. Ein Mäuerchen an einer halb vertrockneten Grünanlage (der Platz liegt abseits aller Durchgangswege und wirkt trotz des angrenzenden Riesenbaus etwas vergessen) lud zum Sitzen ein, es gab sogar Schatten. Später holte ich mir doch noch einen Sonnenbrand und wurde dennoch nicht fertig.

So friemelte ich heute zu Hause an der Fassade weiter und kreiste mit meinen Gedanken um die düstere Geschichte des Ortes: das schöne Gebäude beherbergte nach 1945 ein sowjetisches Militärtribunal und seit Mitte der 50er Jahre die Bezirksverwaltung der Staatssicherheit samt Untersuchungsgefängnis. (Misstraut den Grünanlagen.) Erst nach 1989 konnten Land- und Amtsgericht wieder an den Ort zurückkehren, das Dokumentationszentrum für die Opfer deutscher Diktaturen erinnert an die Geschichte.


Im Zauberberg

In „ausdehnungsloser Gegenwart“ findet Hans Castorp sich wieder, der Protagonist von Thomas Manns „Zauberberg“: Für drei Wochen wollte er ein Sanatorium in den Bergen besuchen, am Ende werden sieben Jahre daraus.

Ich konnte ahnen, wie es Hans Castrop ergangen war: schon nach drei Tagen begann die Zeit zu verschwimmen im immer gleichen Ablauf der Anstalt. Die Zeit, die draußen immer knapp zu sein scheint, ist mit eins reichlich vorhanden; rückblickend scheint sie wie nicht gewesen. Doch konnte ich sie auch nutzen für die eine oder andere Zeichnung, aufwendiger ausgearbeitet als sonst.

Besonders angetan hatten es mir die ehemaligen Wirtschaftsgebäude der Anlage, schön gestaltet in einem dänischen oder niederländischen Stil wie alles hier.

Das im Hintergrund sichtbare Gebäude war das Badehaus. Der Gebäudekomplex – zumindest äußerlich hervorragend erhalten – wird von einem großen Bildungsträger im Gesundheitswesen genutzt und derzeit saniert.

Vor einigen Tagen schon hatte ich eine der Giebelfronten dieses Badehauses im 12×12 cm kleinen Skizzenbuch gezeichnet.


Zweimal Denkmal

Zum Tag des offenen Denkmals hatte ich in Schwerin die Auswahl zwischen dem Logenhaus der Schweriner Freimaurer – ich hatte es vor Jahren einmal von außen gezeichnet – und zwei von den drei Kirchen, die ich im Frühjahr erradelt hatte. Bei den Freimaurern würde es, so fürchtete ich, voll werden und ich vielleicht nicht zum Zeichnen kommen; ich entschied mich für die Kirchen.

Als ich an der Kirche von Kirch Stück ankam, sah ich es deutlich vor meinem inneren Auge, das Datum: 11.09.22. Es war allerdings erst der 4. Umkehren? Ich erinnerte mich, dass die zweite Kirche, nur wenige Kilometer entfernt, im März ganz ohne Denkmalanlass offen gewesen war; so auch an diesem Tag. Die Trebbower Kirche ist der gleiche Bautyp wie die im stillen, (gott)verlassenen Prestin – ein schlichter Hallenbau ohne Turm, mit Spitzdach, gerundetem Chorraum, einem kleinen Sakristeianbau an der Südwand und einem frei stehenden Glockenstuhl.

Still war es auch hier, eine belebte und bewohnte Stille. Am Friedhofstor schon begrüßte mich das „Offene-Kirche“-Schild, es passte zur einladenden und freundlichen Atmosphäre des Ortes.

Dorfkirche Groß Trebbow bei Schwerin, aquarelliert in meinem etwas „wilden“ Leporello.

Bevor ich hineinging, ließ ich mich im Moos unter alten Bäumen nieder und stellte dieses Bild fast fertig; zuhause vertiefte ich nur die Schatten ein wenig.

Im Innern erwartet die Besucherin freundlich-naives Barock an Kanzel und Altar; Voluten, Knorpelwerk und pausbäckige Engel. Als Kanzelträger, im dunklen Untergrund, erst auf den zweiten oder dritten Blick sichtbar, fungiert eine düstere Maske mit gelben Augen.

Am folgenden Sonntag war dann wirklich der Tag des Offenen Denkmals und ich radelte noch einmal ins nahe gelegene Kirch Stück, um die vielfach im Vorbeifahren gesehene Kirche endlich einmal von innen kennenzulernen. Für eine Dorfkirche ist sie bereits im Mittelalter wertvoll ausgestattet worden, u.a. beherbergt sie eine der ältesten Glasmalereien Mecklenburgs.

Meine Blicke wurden sofort von dem grob in Granit gehauenen Taufstein angezogen. Man weiß nichts zuverlässiges über diese Steine; sie künden von Vorfahren, die außer ihnen nichts Steinernes und auch nichts Schriftliches hinterlassen haben und denen man später das Etikett „Heiden“ aufdrückte. Ich habe solche Taufsteine schon mehrfach gezeichnet, in Mecklenburg und sogar in Franken.

An der Stirnseite der Kirche steht ein fröhlich-bunter gotischer Altar mit der üblichen Aufreihung von Heiligen in den Seitenflügeln. Der Mittelteil ist von erzählenden Szenen rund um Jesu Hinrichtung ausgefüllt; dazu kommt der heilige Georg, dem die Kirche geweiht war. In schönster Märchenmanier erlegt er den Drachen, während die Prinzessin für den guten Ausgang der Geschichte betet.

St.Georg erlegt den Drachen – Mittelteil des Altaraufsatzes der Kirche in Kirch Stück bei Schwerin. Diese Seite des Leporellos hatte ich mich einem Papier grundiert, in dem Blattstücke verarbeitet sind.

Einmal Mühlrad und zurück

Am Wochenende trafen sich die Schweriner Urban Sketchers wieder unter fast „normalen“ Bedingungen: ohne drei Schichten Kleidung oder Feuerschale und mit der Aussicht auf einen „Kaffee danach“ in netter Gesellschaft. Das Zielobjekt, die „Schleifmühle“, lag ganz in der Nähe des „Franzosenwegs“, auf dem ich vergangenes Wochenende nach Adebors Näs gewandert war, und so hatte ich schon einmal Ausschau gehalten: das Mühlrad sollte es sein. Eine bequeme Bank mit unverstelltem Blick erleichterte die Entscheidung.

Es wurde, erwartungsgemäß, eine längere Übung: vorsichtiges Antasten mit Bleistift, Hilfslinien, Perspektive … am Ende, nach zwei Stunden, hatte ich eine ganz passable lineare Zeichnung fertig. (Und ausreichend in der Sonne gebraten. So ist das mit dem schönen Wetter.)

Und nun – Kolorieren oder nicht? Linear sah das Ganze zwar wie eine schicke Konstruktionszeichnung aus, aber auch irgendwie körperlos. Wenigstens Schatten mussten her. Zum Schraffieren war ich zu faul und vor Aquarell war mir ob der vielen Feinheiten etwas bang – also griff ich zu den Markern von Faber Castell. Den ziegelroten Hintergrund habe ich nur angedeutet, um mich nicht in noch mehr Details zu verlieren. 

Am späteren Nachmittag saß ich – schließlich ist einiges nachzuholen – noch einmal im Café und wartete auf eine Freundin. Dabei hatte ich das Schloss vor Augen und blieb dieses Mal bei einer absichtlich reduzierten linearen Skizze.


Westberlin

Als Ende 1989 die Mauer fiel, war dies nicht nur der Anfang für das schnelle Ende der DDR – auch das alte Westberlin begann sich zu verwandeln, auszubleichen, in der neuen Hauptstadt aufzugehen (nicht immer zur reinen Freude der immerhin zwei Millionen Westberliner). Tagestouristen und Neubürger blieben fortan weitgehend im Osten. Auch ich, in ferner Nähe aufgewachsen, machte da kaum eine Ausnahme.

Letzte Woche verbrachte ich einige Tage in Charlottenburg, und es blieb Zeit, einige der weißen Flecken meiner inneren Landkarte auch zeichnend zu füllen.

Nahe beim Bahnhof Charlottenburg ein Hauseingang, der von den prachtvollen Zeiten des alten Berliner Westens kündet.

Ich war mit einigen Zeichnerinnen und Zeichnern am St.-Georg-Brunnen am Hindemithplatz verabredet. Der Brunnen fällt vor allem durch das Fehlen des namensgebenden Heiligen auf – der ist ihm 1945 abhanden gekommen. So stehen die vier Säulen auf seiner oberen Ebene etwas unmotiviert in der Gegend herum. Weiter unten herrscht ein wildes Getümmel von Fratzen, Masken und merkwürdigen Gestalten, die wohl einen Bezug zum Drachen des herstellen sollen.

Leider hatte der Brunnen nicht nur keinen Georg, sondern auch kein Wasser, was die seltsame pandemisch-stille Stimmung auf dem kleinen Platz noch verstärkte.

Ich hatte das Blatt schon mit etwas Aquarellfarbe grundiert, bevor ich die Zeichnung mit Kugelschreiber ausführte. Zum Schluss habe ich die Farbe noch einmal vertieft.

Doch Westberlin besteht nicht nur aus Schnörkeln. Der Bombenkrieg hatte hier nicht weniger gewütet als im Ostteil der Stadt, und dem Wiederaufbau fiel im Rausch der Moderne manches zum Opfer, was man hätte erhalten können. Nur wenige Straßenzüge entfernt von der Gründerzeit-Idylle türmen sich am Richard-Wagner-Platz ein paar 70er-Jahre-Plattenbauten in den Himmel – ein bisschen gegliederter die Fassade als die ihrer Brüder und Schwestern im Osten, ein bisschen bunter, ein bisschen brutalistischer der U-Bahn-Eingang … doch kaum wohnlicher anmutend an der Kreuzung zweier großer lauter Straßen …

U-Bahn-Station Richard-Wagner-Platz in Berlin Charlottenburg.


Am Ende des Mittelalters

Das Wernigeröder Rathaus ist so gotisch, dass es einem Disney-Film entsprungen sein könnte. Übertrieben spitze Türmchen, vorkragende Erker und riesige Wasserspeier verleihen ihm ein märchenhaftes Aussehen. Gebaut wurde es ursprünglich nicht als Rat- sondern als „Spielhaus“, eine Art frühes Theater für Fastnachtsspiele und ähnliche Aufführungen; natürlich wurde der große Saal im Innern auch für andere Zwecke genutzt – eine echte städtische Mehrzweckhalle. Später hat man es mehrfach umgebaut und nach einem Brand des alten zum neuen Rathaus umgewidmet.

Ich saß in meinem Urlaub mehrfach in einem Café an der Ostseite des Marktes und zeichnete die berühmte Fassade von der Seite. Dieses Bild ist – in zwei Sitzungen – vorwiegend vor Ort entstanden, zu Hause habe ich nur noch ein bisschen nachkoloriert.


Auf dem Klosterweg

Dieses Jahr gab es für mich keinen Pilgerweg. Ich hätte es noch „schaffen“ können, aber ich entschied mich für eine Woche Wanderurlaub im Harz. Bei der Planung stieß ich auf den „Harzer Klosterwanderweg“ – einen Pilgerweg im Kleinen. In seiner ganzen Länge führt er von Goslar nach Quedlinburg und ist auf eine Gehwoche ausgelegt – ich bin davon drei Etappen gegangen.

Am nördlichen Harzrand ist jeder Stein von Geschichte getränkt; in allen Orten findet man Burgen, Klöster, Kirchen – und manchmal nur deren Ruinen. Besonders die Klöster waren vor fünfhundert Jahren schwer von Reformation und Bauernkrieg betroffen, wurden geplündert und niedergebrannt und kamen danach in unterschiedlichste weltliche Nutzung.

So begann mein Unterfangen auch mit einer Ruine, der des Klosters Himmelpforte, einige Kilometer von Wernigerode im Wald gelegen. Nur eine Mauer erinnert noch daran, dass hier einmal ein Augustiner-Kloster stand, in dem auch Luther zu Gast war.

An dieser alten Klostermauer gibt es den hübschesten Stempel.

Der Weg führte weiter über Drübeck (das ich rechts liegen ließ, weil ich es vor zwei Jahren schon einmal ausführlich besucht hatte) nach Ilsenburg. Während Drübeck als adliges Damenstift über die Jahrhunderte gekommen war, überstand das Ilsenburger Kloster die Reformation als Klosterschule, später wurde es Witwensitz, Verwaltungsgebäude, Schloss und Erholungsheim, um nur einige Nutzungen zu nennen. Heute gehört es einer Stiftung und wird aufwändig saniert, u.a. mit Mitteln der Deutschen Stiftung Denkmalsschutz, die in ihrem Magazin ausführlich darüber berichtet.

Als ich im Kloster ankam, neigte sich der Tag bereits, denn ich war spät aufgebrochen. Die Öffnungszeit reichte gerade dafür, mir einen Überblick über die schöne Anlage und die wunderbaren Räume mit ihren romanischen Säulen zu verschaffen. Immerhin schaffte ich noch ein Aquarell von außen.

Auch hier ist natürlich vielfach umgebaut worden, z.B. hatte die Kirche einmal zwei Türme.

Ein paar Tage später wanderte ich von Wernigerode zum Kloster Michaelstein bei Blankenburg. Hier befindet sich – nach ähnlich wechselvoller Geschichte wie in Ilsenburg – seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts eine Musikakademie, es gibt eine Instrumentensammlung, Konzerte etc. Am Ende eines langen Wandertages über die Trockenhänge der Teufelsmauer hatte ich dafür leider nur wenig Sinn; ich rastete ein wenig im Klostergarten und setzte mich zum Zeichnen vor das Tor des weitläufigen Komplexes.

Kloster Michaelstein: Tor mit Turm

Am nächsten Tag fuhr ich mit dem Bus nach Blankenburg, um von dort zum Kloster Wendhusen zu wandern. Nach einem attraktiven Wegabschnitt über ein weiteres Stück Teufelsmauer ging es auf Asphalt und durch Industrievororte von Thale weniger hübsch weiter. Endlich angekommen, sah ich mich erst einmal enttäuscht um: das Museum hatte geschlossen, und von dem auf der Webseite angekündigten Café war weit und breit keine Spur. Das Ganze machte den Eindruck eines leicht heruntergekommenen landwirtschaftlichen Gutes, was es auch seit langer Zeit gewesen war. Erst auf den zweiten Blick sah ich, dass das massive hohe Gebäude kein Getreidespeicher, sondern das ehemalige „Westwerk“ der Klosterkirche war.

Das Kloster Wendhusen lässt sich bis in die karolingische Zeit zurückverfolgen, es ist eines der ältesten Gebäude in der Region. Es war, wie viele ähnliche Anlagen, ein Frauenkloster. Diese Frauenklöster waren, was uns heutige vielleicht verwundert, Machtzentren; sie wurden von Herrscherwitwen oder -schwestern geführt und waren dem Adel vorbehalten.

Ich hatte das Blatt für die Zeichnung schon mit kräftigem Magenta präpariert und fand meinen Spaß daran, den eigentlich eher farblosen Ort darauf abzubilden. Überhaupt besserte sich meine Stimmung bald wieder: es wurde abendstill, nur ein paar Kinder spielten auf dem geräumigen Hof und die Pappeln an der nahen Bode raschelten, niemand wollte abschließen oder nötigte mich zur Eile …


Paulskirche

Die Schweriner Paulskirche ist die dritte und jüngste der Schweriner Innenstadtkirchen, ein typisch neugotischer Bau, der vor allem durch seine Lage auf einem Hügel beeindruckt. Seine spitzen Märchentürme überragen die Wohn- und Geschäftsbauten der im 19.Jahrhundert entstandenen westlichen Stadterweiterung, die bahnhofsnahen Speicher und sogar die Bausünden der 1970er bis 90er Jahre.

Mit dieser Umgebung ist das Areal natürlich ein ideales Zeichengebiet. Im Kreis der Schweriner Urban Sketchers haben wir gestern dort gesessen, zum Glück kaum beeinträchtigt vom Regen. Ich habe mich für einen klassischen Blick und die „Langvariante“ entschieden: hügelauf gesehen von den Pfaffenteichtreppen, mit einer ausgiebigen und genauen linearen Zeichnung. Den großen Auftritt hat hier natürlich wieder einmal die Dachlinie. Koloriert habe ich heute vormittag zu Hause, in sonntäglicher Ruhe.

Die Schweriner Paulskirche von Osten. Tinte, Marker und Buntstifte in Stillman&Birn Nova Trio.