Innsbruck, ich muss dich lassen
Veröffentlicht: 18. Oktober 2025 Abgelegt unter: Reiseskizzen, visuelles Tagebuch | Tags: Inktober, Kaffee, visuelles Tagebuch Hinterlasse einen KommentarInnsbruck, ich muss dich lassen/ ich fahr dahin mein Straßen/ in fremde Land dahin.
Am Sonntag, vor einer Woche, verbrachte ich den letzten Urlaubstag in Südtirol. Am Montag begann ich den Heimweg und fuhr über den Brenner bis Innsbruck. Dort hatte ich mich für eine Nacht in einem hübschen minimalistisch-modernen Appartement mit viel hellem Holz und Naturmaterialien eingemietet, einem Ort, viel zu schade, um gleich wieder abzufahren.
Ich spazierte Richtung Altstadt und fand mich – Touristen sind nicht immer nur die anderen – in einem Café mit Blick auf das Goldene Dachl wieder. Doch statt mich dem Erbe Kaiser Maximilians zu widmen, wandte ich mich Näherliegendem zu: einem Kastanienherzen. Ein Kastanienherz ist eine Art großer Praline aus mit Schokolade überzogenem Maronipüree, eine regionale und saisonale Süßigkeit.

In dem Appartement gab es eine kleine Küchenzeile und auf dem Ceranfeld stand eine dieser achteckigen italienischen „Espressokannen“, mit denen man zwar keinen Espresso (dafür braucht es einen höheren Druck), aber doch einen guten Kaffee kochen kann. Das tat ich zum Frühstück, nachdem ich nachgelesen hatte, wie man die Kanne bedient, denn ich hatte so ein Ding noch nie benutzt.
Wenn ich mir einen schnellen Kaffee koche, so gebe ich normalerweise einen Löffel frisch gemahlenen Kaffee in eine Tasse und brühe mit heißem Wasser auf – fertig. Menschen aus Ostdeutschland, wie ich, nennen diesen Kaffee immer noch „türkisch“, obwohl sie natürlich längst wissen, dass man in der Türkei ganz anderen Kaffee bereitet. Achteckige Bialetti-Kannen hingegen blieben für mich stets ein etwas zweifelhaftes Emblem diverser – selbstverständlich westdeutscher – Toskana-Fraktionen.

Nachdem ich den Kaffee ausgetrunken und die kleine Küche aufgeräumt hatte, blieben noch zehn Minuten für eine schnelle Bleistiftskizze und ein paar Fotos des eleganten Dialogs von Schwarz und schwärzer. Ursprünglich hatte eine schraffierte Inktober-Zeichnung daraus werden sollen, doch fürchtete ich den Aufwand. So nahm ich dunkelgraue Gouache für das Ceranfeld und diverse Marker für die Kanne, allen voran das berühmte Schwarz aus dem japanischen Pentel-Pinselstift.
Zwischen Antike und Mittelalter
Veröffentlicht: 15. Oktober 2025 Abgelegt unter: Allgemein, Reiseskizzen, Urban Sketching | Tags: Antike, Kirche, Romanik, Südtirol 3 KommentareDas antike Rom wurde bekanntlich nicht an einem Tag errichtet; auch, dass es mehrere Jahrhunderte benötigte, um zu zerfallen, machen wir uns selten klar. Im Laufe der Zeit wurde etwas Neues daraus, mit neuen Werten, neuen Strukturen, weniger zentralisiert, noch geprägt von den zurückliegenden Wanderungsbewegungen.
Nur an wenigen Orten gelingt es heute noch, diese Übergangswelt sichtbar werden zu lassen. Das Kirchlein St.Prokulus, gelegen am Rand der Südtiroler Gemeinde Naturns, ist ein solcher Ort.
Erbaut wurde es irgendwann zwischen dem 06. und dem 08.Jahrhundert in einem schon weitgehend, aber noch nicht vollständig christianisierten Umfeld – auf dem umgebenden Friedhof fand man auch das Grab eines germanischen Kriegers, dem man sein Kurzschwert (Sax, daher stammt die Bezeichnung „Sachsen“) mit ins Grab gelegt hatte.
Man weihte die Kirche dem heiligem Prokulus, einem außerhalb des Südalpenraums kaum bekannten Heiligen, Schutzpatron der Alpenübergänge und des Viehs. Und man malte die Kirche aus.

Wegen dieser Malereien (bzw. dem, was die Jahrhunderte davon überdauerte) ist St.Prokulus eine der bekanntesten Kirchen der Region, sie hat zahlreiche Wissenschaftler beschäftigt und mittlerweile ein eigenes Museum bekommen.
Den Malereien werden byzantinische, irische und langobardische Einflüsse zugeschrieben, auch das angenommene Alter schwankt beträchtlich. Das bekannteste Bild zeigt einen Mann (an der Gloriole als Heiliger erkennbar), der in einem Korb von einer Stadtmauer abgeseilt wird. (Der Begriff „Schaukler“ ist eine moderne Zuschreibung.) Wen es darstellt, ob Paulus, Prokulus oder jemanden anders, ist wissenschaftlich umstritten.
Es gibt noch eine Rinderherde, eine Menschenmenge und großäugige Heilige im gleichen Stil; daneben Engel mit Schlangenleibern, vermutlich aus einer anderen Werkstatt, sowie Zierfriese.
Letztere haben mich besonders beeindruckt. Sie entstammen so sichtlich (geografisch) unterschiedlichen Stilregionen, spätrömische Määnder finden sich neben keltisch inspirierten Flechtbändern. Waren alle diese Handwerker in der gleichen Bauhütte beschäftigt? Zogen sie durch oder waren sie eher regional ansässig? Welchen der „wandernden Völker“ gehörten sie an?
Als ich das Kirchlein besichtigte, fand in ganz Südtirol der „Tag der Romanik“ statt, viele verborgene Schätze wurden geöffnet und waren kostenlos zugänglich. Ich verbrachte eine lange Mittagszeit in St.Prokulus, lauschte der Führerin, die virtuous zwischen Italienisch und Deutsch wechselte, und nahm mehr Fragen als Antworten mit nach Hause.
Im Kloster 2
Veröffentlicht: 11. Oktober 2025 Abgelegt unter: Allgemein, Reiseskizzen, Urban Sketching | Tags: Inktober, Kirche, Kloster, Romanik, Südtirol Hinterlasse einen KommentarNachdem ich mich von den freundlichen Nonnen verabschiedet hatte, stieg ich in den gelben Schweizer Postbus und fuhr fünfzehn Kilometer talabwärts zum Kloster Marienberg in Südtirol. Das Kloster thront wie eine Burg auf einem Bergsporn über der weitläufigen Talsohle, in der sich seit frühester Zeit die Wege von mehreren Alpenpässen treffen.

Die Gebäude wurden nach mehreren Bränden durchgehend barockisiert; in den 2000er Jahren verpasste eine für meinen Geschmack etwas zu ambitionierte Renovierung dem Museums- und Herbergsgebäude einen Stil mit Sichtbeton und schwarzemetallischem Industriedesign. Als Ausgangspunkt für die Touren der kommenden Tage war es praktisch und dazu noch ausgesprochen günstig, so dass ich fast eine Woche blieb.

Eine Tour führte mich in das Städtchen Glurns, dessen riesige Stadtmauer einen Ort von gerade einmal tausend Einwohnern umschließt. Durch die Laubengasse seien vor einigen zehn Jahren noch die Kühe getrieben worden, heute sitzt man hier sehr gut bei Kürbissuppe und regionalen Birnen-Spezialitäten.

Der Hauptort der Talregion ist Mals, etwa doppelt so groß und mit fünf Kirchtürmen gesegnet, davon drei romanischen.

Der zweite romanische Turm gehört zu dem Kirchlein St.Martin, dass sich seit dreihundert Jahren im privaten Besitz der ehemaligen Klosterpächter befindet. Geöffnet wird an Markttagen. Dann stehen Kirchentür und Scheunentor offen und wenn man Glück hat – so wie wir – findet man die Bäuerin am Spinnrad.
(Und wo bleibt der dritte Kirchturm? Von ihm wird noch die Rede sein.)
Im Kloster
Veröffentlicht: 7. Oktober 2025 Abgelegt unter: Allgemein, Herbstreise 2025, Pen&Ink, Reiseskizzen | Tags: Inktober, Kloster, Romanik, Schweiz Hinterlasse einen KommentarIn den Jahren 773/74 war der noch nicht dreißigjährige Frankenkönig Karl bereits ein ehrgeiziger und in weiten Teilen erfolgreicher Herrscher, doch bis er zum Kaiser gekrönt werden sollte, vergingen noch 25 Jahre. („Der Große“ wurde er ohnehin erst nach seinem Tod.)
Der Legende nach kam er in dieser Zeit an einem Alpenpass in einen Schneesturm; als er den wie durch ein Wunder überlebt hatte, beschloss er aus Dankbarkeit, im nächsten Tal ein Kloster zu gründen. So entstand das Kloster Müstair, das heute in der Schweiz liegt und von dort aus noch immer nur über einen hochgelegenen Straßenpass zu erreichen ist.
Ob die Geschichte sich genau so abgespielt hat, ist nicht mehr nachweisbar – doch wissen wir aus Jahresringanalysen, dass der Bau um das Jahr 775 begonnen wurde.
Ich liebe diesen Ort und habe ihn Anfang Oktober wieder einmal besucht. Ich blieb vier Nächte in der Klosterherberge und war mit einem Zimmer in der Nonnenklausur gesegnet. In dieses Zimmer gelangte ich über zahlreiche Treppen, durch kopfsteingepflasterte Gänge, vorbei an uralten, noch immer genutzten Wirtschaftsräumen, die nach Äpfeln und getrockneten Kräutern dufteten.

(Diese Zeichnung, wie auch die folgenden, ist weitgehend mit Fineliner ausgeführt – meine Referenz an den Inktober.)
Der Schutzpatron des Klosters ist Johannes der Täufer, ein anderer Johannes, ein raubeiniger Bußprediger, der die Menschen zur Umkehr in ein besseres, „tugendhafteres“ Leben aufforderte. Ein rituelles Bad im Jordan, ein Reinigungsritual, sollte diese Umkehr bekräftigen. Auch Jesus ließ sich von ihm taufen, und als er aus dem Wasser stieg, kam der heilige Geist in Gestalt einer Taube auf ihn herab, während eine Stimme sprach: „Du bist mein geliebter Sohn.“

Diese Szene ist auf einem Relief in der Klosterkirche dargestellt. Man sieht hier neben Johannes und Jesus rechts (in meiner Zeichnung nur angeschnitten) einen Engel, der Jesus frische Kleidung reicht.

Der Abschiedstag, der 3.Oktober, war ein makelloser Tag; vor den Bergen und dem blauen Himmel leuchteten die weißen Klostergebäude in unwirklicher Schönheit. Gezeichnet habe ich eine Kapelle, die in der Bauzeit zum Klosterkomplex gehörte, nun aber ein bisschen getrennt davon steht.
Die Anlage hat schon in den 1980er Jahren den Welterbe-Status bekommen, und es fährt auch immer mal der eine oder andere Bus vor – vom Übertourismus ist der Ort glücklicherweise noch immer weit entfernt.
Noch leben acht Benediktinerinnen im Kloster, die jüngste ist 62, die älteste 94 Jahre alt. Ihre Gärten und Handwerke können sie nur noch mit Hilfe von außen betreiben. Wenn man ein paar Tage in der Klosterherberge verbringen darf, kommt man ihnen nah. Sie wissen, dass sie die letzten ihrer Art sind, dass mit ihnen 1250 Jahre Tradition enden …
Zugeklappt (Rückblick Teil 3 und Schluss)
Veröffentlicht: 28. Juni 2024 Abgelegt unter: Reiseskizzen, Schwerin - Kopenhagen 2024 | Tags: Dänemark, Fähre, Kopenhagen Hinterlasse einen KommentarHeute, mehr als vier Wochen nach der Heimkehr, wird das dänische Reisebuch zugeklappt. Vorher zeige ich noch die allerletzten Bilder (abzüglich der allerallerletzten, die alljährlich unfertig bleiben.)
Drei Tage hatte ich für Kopenhagen eingeplant. Am ersten musste ich mich an die vielen Menschen gewöhnen, den zweiten verbrachte ich glücklich in der Markthalle.
Am dritten regnete es erst einmal ausgiebig, so dass er kaum vor Mittag richtig begann. Mein Hotel lag weit außerhalb am südlichen Stadtrand; der Weg Richtung Innenstadt führte durch interessante Neubaugebiete mit noch interessanteren Radwegen.

Sluseholmen uns Teglholmen sind künstliche Inseln, voneinander durch Kanäle und Hafenbecken getrennt. Ich rastete an einem hippen „Yoga-Café“, in dem mehrere digitale Nomadinnen vor ihren Laptops saßen. (Selbstverständlich war das Essen vegan.)
Später fuhr ich noch einmal zur Markthalle, und während ich den Mittagssalat nachträglich durch etwas Fisch ergänzte, kamen mir die „Messermänner“ in den Blick.

An einem Verkaufsstand mit exklusiven japanischen Messern war dieser junge Mann so tief in seine Arbeit versunken, dass er mein Zeichnen nicht bemerkte – erst als ich fertig war, kamen wir miteinander ins Gespräch.
Bei der Heimfahrt am nächsten Tag hatte ich Gelegenheit, eine Ahnung bestätigt zu finden: So wunderbar die dänische Radinfrastruktur ist, so abgehängt (Achtung, Kalauer!) erscheint die Bahn. Nachdem ich schon eine nicht benutzbare App getestet hatte, vom Service in einer Maschinenmail eine Antwort in zwei Wochen in Aussicht gestellt bekommen hatte, stand ich nun vor vier steilen Stufen zum „Fahrradabteil“ meines verspäteten Zuges.
Der Zug – mit freundlicher Hilfe schafften mein Fahrrad und ich es hinein und wieder hinaus – fährt auch schon lange nicht mehr bis Gedser; die letzten 25 km bis zur Fähre fuhr ich noch einmal mit dem Rad. Ich war rechtzeitig da und trödelte doch so sehr, dass die ausgestellte Dampflok im liebevoll erhaltenen alten Fährbahnhof ungezeichnet blieb.

Ein Abschiedsbild gab es dennoch – auch das ältere Paar auf der Fähre war so mit sich, mit seinen Büchern und Landkarten beschäftigt, dass es meine Zeichnerei nicht bemerkte.
Und dann war ich auch schon in Rostock, und musste nur noch auf den nächsten Regionalzug warten. In nur einem Tag war ich mit der komplexen Logistik von Rad, Bahn und Fähre ziemlich bequem nach Schwerin zurückgekommen.
Rückblick: Møn
Veröffentlicht: 11. Juni 2024 Abgelegt unter: Pflanzen, Reiseskizzen, Schwerin - Kopenhagen 2024 | Tags: Dänemark, Gotik, Graphic Novel, Kirche, Pflanzen Hinterlasse einen KommentarMan könne den Kuchen nicht gleichzeitig haben und essen, sagt ein englisches Sprichwort. Tagebücher, gezeichnete wie geschriebene, hören auf dieses Gesetz: Wir können das Leben nur leben oder dokumentieren. Seltene Ausnahmen bestätigen die Regel: als der Kuchen Smørrebrød hieß, brachte ich einen ganzen heiteren Nachmittag damit zu, ihn zu zeichnen, nach und nach zu verspeisen, die Zeichnungen fertigzustellen und hier davon zu erzählen; dabei Kaffee und guten Grüntee zu trinken und die Atmosphäre der Kopenhagener Markthalle in mich aufzunehmen.
Meist kommt es anders. Wenn dieses Anderskommen gelingt, heißt das Ergebnis, wie auch in diesem Jahr, Rückblick.
Die Insel Møn erreichte ich am elften Tag der Reise, genau in der Mitte, und ich hatte zwei Pausentage eingeplant. Am ersten schlief ich den Ostwind aus und nahm mir Zeit für die Kirche von Elmelunde, neben der ich (ein sehr schönes) Quartier genommen hatte.

Für diese Zeichnung hatte ich vor Ort einige Skizzen angefangen; etwas Sichtbares wurde erst zu Hause daraus. Sie zeigt einen kleinen Ausschnitt der Freskomalerei, mit der die Kirche von Elmelunde ausgemalt ist. Die Malereien, mit denen die Gewölbedecken und z.T. die Wände dreier Kirchen aus Møn bemalt sind, erzählen biblische Geschichten wie eine Graphic Novel, halbabstrakt, comicartig, von Ornamenten und Spruchbändern begleitet. Fast immer kennt man bei mittelalterlicher Kunst die Namen der Schöpfer nicht; der Begriff „Elmelunde-Meister“ steht für eine Künstlerwerkstatt.
Die Szene mit dem Suppe kochenden Joseph gehört zur Geburtslegende Jesu: Während Maria das neugeborene göttliche Kind anbetet, kümmert sich Joseph um die materiellen Bedürfnisse der kleinen Familie. Er kostet den Brei von einem großen Holzlöffel, während er in der anderen Hand etwas hält, was vielleicht eine Art Blasebalg ist. Das Feuer unter dem Topf brennt in einer Feuerschale, hinter Joseph hängt seine Tasche am Haken, ikonographischer Hinweis auf die Wanderschaft.

Am zweiten Pausentag hatte ich mich hinreichend für eine Inseltour erholt. Ich radelte nach Møns Klint, zu den Kreidefelsen an der östlichen Spitze der Insel. Nachdem ich dort eine kleine Postkartenskizze gemacht hatte, wollte ich dem Liselund-Park, einem romantischen Landschaftspark in der Nähe einen Besuch abstatten. Was ich nicht bedacht hatte: es war Pfingstsonntag! So konnte ich die Dänen bei einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen, beim Picknicken beobachten. Von der Oma im Rollstuhl bis zu niedlichen kleinen Mädchen (alle mit Kleidchen) waren ganze Großfamilien auf dem Rasen versammelt. Männer trugen riesige Picknicktische, Frauen Kartons mit Smørrebrød, Kinder Wurfspiele und Schmetterlingsnetze. Manche transportierten das ganze Zeug mit der Sackkarre, manche mit dem Bollerwagen – wie schade, dass meine Zeichenfähigkeiten dafür nicht ausreichten.

Im Jydelejet-Tal über den Klippen war weniger Trubel, und beglückt setzte ich mich zwischen die Orchideen, die dort in großer Zahl an der Waldkante wachsen: Das wunderschöne und etwas geheimnisvolle Purpur-Knabenkraut. Während die Umrisszeichnung bereits vor Ort fertig geworden war, deutete ich die Farbskizze nur an und gab ihr zu Hause noch ein paar zusätzliche Farbschichten.
Im Moor
Veröffentlicht: 18. Mai 2024 Abgelegt unter: Allgemein, Pflanzen, Reiseskizzen, Schwerin - Kopenhagen 2024 | Tags: Botanical Art, Dänemark, Pflanzen 2 KommentareAm nächsten Tag war ich eine Insel weiter – auf Falster – doch den Ostwind scherte das nicht – er blies unvermindert weiter (und würde das auch am folgenden Tag und auf der nächsten Insel tun.) Um so mehr freute es mich, als ich auf meiner Karte etwas wie einen Rastplatz in einem Hochmoor fand. Der Ort übertraf alle meine Erwartungen: es gab Tische und Bänke in einem windgeschützt umbauten Unterstand mit Blick in das freie Gelände, Schauvitrinen und Bretterwege … (auf denen Schilder mit eindrucksvollen Illustrationen davor warnten, auf die grünen Pflanzenmatten zu treten, die sie umgaben.)

Und da es einen Tisch gab, konnte ich auch ganz in Ruhe einige der charakteristischen Pflanzen zeichnen.
Am Weg
Veröffentlicht: 18. Mai 2024 Abgelegt unter: Allgemein, Reiseskizzen, Schwerin - Kopenhagen 2024, visuelles Tagebuch | Tags: Dänemark, Dom, Engel, Holstein, Kloster, Pilgerweg Ein KommentarAn den ersten Reisetagen war ich fleißig gewesen – hatte meine Zeichnungen nicht nur angefangen, sondern auch fertiggestellt und hier gezeigt. Bald ließ, wie jedes Jahr, der Eifer nach; die Augen fallen mir schon beim Abendbrot zu, der Akku muss noch ans Ladegerät und das T-Shirt gewaschen werden. Dazu kam der stetige Ostwind, der in den letzten Tagen schon mal Stärke 6 erreichte.
Einige kleine Bilder sind am Weg entstanden, und heute, am Ruhetag, war Gelegenheit, etwas davon fertigzustellen. Der schönste Abschnitt der ersten Woche war der Weg von den Holsteinischen Seen bis Oldenburg; die Landschaft kleinteilig, von Hecken gegliedert, die wenigen Dörfer wie frisch geschrubbt zwischen Flieder und Rhododendron.
In einem dieser Dörfer – Schönwalde am Bungsberg – machte ich eine längere Kirchenrast und fand dabei diesen Taufengel:

Das Schönste allerdings ließ sich nicht in einer schnellen Zeichnung einfangen: Die Kirche ist von einer neu gestalteten Parkanlage umgeben, die aus dem ehemaligen Pfarrgarten entwickelt wurde und das Kircheninnere nach außen erweitert mit Kreuzweg, Taufstein und Pflanzen in liturgischen Farben. Ich fand das Ensemble sehr gelungen.
Meine erste Station in Dänemark war das Städtchen Maribo auf der Insel Lolland. Dort gab es im Mittelalter ein Kloster des Birgittenordens; die ehemalige Klosterkirche ist heute eine Bischofskirche. Neben der Kirche entstand im Rahmen der Pilgerrenaissance der letzten Jahre eine „hyggelige“ kleine Herberge. Aus deren Dachfenster zeichnete ich den Blick auf den Kirchturm bei Sonnenuntergang.

Das Hinterland der Insel Lolland ist zum Teil weniger „hyggelig“: Wenig Menschen, viel Agrarsteppe und einiges an Leerstand und Verfall. In einer kleinen Parkanlage in Sakskøbing fiel mir ein Denkmal auf, das mich an ein Arbeiterstandbild aus den 60er Jahren denken ließ. Es stammt aber schon von 1940 und ist den polnischen Erntehelferinnen gewidmet, die vom Ende des 19.Jahrhunderts an im Zuckerrübenanbau der Region gearbeitet hatten.
Die so unerwartete Begegnung mit dem Denkmal beschäftigte mich noch lange – denken wir doch sonst selten darüber nach, welchen Anteil osteuropäische Arbeiterinnen und Arbeiter an der Entstehung unseres Wohlstandes hatten und haben.
Von Schwerin nach Gadebusch …
Veröffentlicht: 9. Mai 2024 Abgelegt unter: Allgemein, Reiseskizzen, Schwerin - Kopenhagen 2024 | Tags: Backstein, Kirche, Madonna, Mecklenburg, Romanik 2 Kommentare… ist es nicht weit, mit dem Rad eine Nachmittagstour, gerade gut für den ersten Tag meiner diesjährigen Radreise. An der eigenen Haustür loszufahren und dabei Zeit zu haben ist ein erholungsfördernder Luxus.
Gegen Mittag fuhr ich los, nach Westen aus der Stadt hinaus auf vertrauten Wegen, erinnerte mich bei den ersten Dörfern an eine Radtour vor zwei Jahren, während der ich einige Dorfkirchen „eingesammelt“ hatte und erschöpft von Sonne, Wind und den langgestreckten Hügeln wieder zu Hause angekommen war.
Dieses Mal waren die Hügel – man kennt das – kürzer und niedriger (auch blies der Wind wieder aus Osten, was nun hinter mir lag) und schneller als erwartet kam ich in Vietlübbe an.

Die einzigartige Dorfkirche mit dem gleichschenklig kreuzförmigen Baukörper hatte ich schon 1980 einmal besucht; zum Zeichnen war ich, mittlerweile Schwerinerin, 2016 hingefahren. Dieses Mal nahm ich mir die spitzgieblige und so ganz und gar unromanische Außenansicht mit ihrem hohen Dachreiter vor.
Bis zu meinem Tagesziel Gadebusch war es nur noch ein Katzensprung; auch dort steht eine noch teilweise romanische Backsteinkirche. Ich fand sie, zu meiner Freude, geöffnet. Sie ist im Innern freundlich und licht. Schnell fand ich ein Zeichenobjekt, eine frisch aussehende und untypisch rot gewandete Madonna, die als Flachrelief einmal die Seitenwange eines Chorgestühls geziert hatte.

Das Motiv war schneller gefunden als gezeichnet, die aufsichtsführende Dame lud mich ein, am nächsten Vormittag zur Andacht wiederzukommen.
Ich nahm die Einladung gern an und saß am nächsten Vormittag zwischen fünf Damen, deren Altersdurchschnitt ich mit meinen 64 Jahren deutlich senkte. Danach stellte ich die Zeichnung weitgehend fertig, bevor ich mich auf den Weg nach Ratzeburg machte.


