Noch mehr Pilze
Veröffentlicht: 8. November 2024 Abgelegt unter: Allgemein | Tags: Pilze Hinterlasse einen KommentarMan könne den Kuchen entweder haben oder essen, lautet ein englisches Sprichwort. Auch Pilze zu sammeln (suchen wäre übertrieben gewesen), zu bestimmen oder zu putzen und trocknen geht nicht mit dem Zeichnen gemeinsam und dieses nicht mit dem Schreiben eines Blogbeitrages.
Unterwegs gewesen war ich letzten Donnerstag, am Feiertag, noch einmal in der Lübtheener Heide, dem vormaligen Truppenübungsplatz. Die Fläche ist riesig, über 6000 Hektar; sie zu Fuß zu durchqueren, kommt einer ordentlichen Wanderung gleich. So hatte ich in der Vorwoche von der eigentlichen Heide gar nichts zu Gesicht bekommen, nur normalen Kiefernwald voller normaler Pilze und ganz ohne Menschen.
Dieses Mal fuhr ich von der anderen Seite an das Gelände heran. Am Rand noch einmal übliche Kiefern und übliche Pilze, bis der Sandboden fast nur noch von Flechten bedeckt war (ein Kapitel für sich, das ich wohlweislich ausgespart habe), zwischen denen sich – unter anderem – tausende von Grünlingen ans Licht schoben.


Grünlinge galten noch vor fünfundzwanzig Jahren als gute Speisepilze – bis es einige Menschen in Polen und Frankreich übertrieben und mehrere Tage hintereinander eine große Zahl von ihnen aßen. (Was ich mir bei den fast absurden Mengen, die aus dem Sand brachen, sehr gut vorstellen kann.) Das Ergebnis waren schwere, in einigen Fällen sogar tödliche Vergiftungen mit Muskelzerfall (Rhabdomyolyse) gewesen. Der auslösende Stoff ist noch immer nicht bekannt und in Deutschland bisher kein Vergiftungsfall beschrieben. Was vielleicht auch daran liegt, dass der Pilz so selten geworden ist wie wirklich „arme“ Kiefernwälder.
Dem benachbarten Erdritterling wird die gleiche Giftwirkung nachgesagt, der Drehstielige Rübling hingegen gilt als essbar. Er war mein diesmaliger Rätselpilz, gefühlt habe ich einige Stunden zugebracht, bis ich mir hinreichend sicher war, ihn zu beschriften. (Gegessen habe ich ihn natürlich nicht, bevor mir nicht eine kundige Person seine Identität bestätigt hat.)


Der Habichtspilz hingegen, auch ein immer seltener werdender Bewohner nährstoffarmer Sandböden, begegnete mir nur an einer Stelle. Ich kannte ihn bisher nur aus Büchern und war ganz verzaubert von seinem dunklen schuppigen Hut und den mausgrauen „Stacheln“ an der Unterseite. (Den einen, der nicht madig war, habe ich ohne Furcht für die Suppe getrocknet – er ist absolut charakteristisch und hat allenfalls bittere und stinkende, aber keine giftigen Doppelgänger.)
Auch wenn es natürlich Spätherbst- und Winterpilze gibt: die Haupt-Pilzsaison geht zu Ende und ich verabschiede mich schweren Herzens bis zum nächsten Jahr von sandigen Krümeln auf allen Oberflächen, von braunen, klebrigen Fingern und den würzigen und animalischen Gerüchen aus Dörrgerät und Einkochtopf. Die Bestimmlimge sind schweren Herzens dem Kompost übergeben, die Pilzbücher ins Regal sortiert und nun ist auch der Blogbeitrag geschrieben …
