Chinoiserie

Viele Male war ich als Kind im Park von Sanssouci, und häufig lag das Chinesische Teehaus am Weg, ein von Blattgold strotzendes Rokoko-Tempelchen, von dessen Dachtraufe putzige vergoldete Troddeln hingen, unter denen galante Paare mit Tatarenbärten und Sonnenschirmchen turtelten – wie man sich das ferne und nur wenigen von Angesicht bekannte China derzeit eben vorstellte. Chinoiserie war eine Mode der Zeit.

Gestern hatte ich die glückliche Gelegenheit, in Hamburg eine ganz andere Chinoiserie zu zeichnen. Im Stadtteil Rotherbaum findet sich zwischen Gründerzeit- und Art-Deco-Fassaden unvermittelt ein chinesischer Bau, wie er chinesischer nicht sein könnte: Das „Yu-Garden“-Teehaus, ein Geschenk der Stadt Shanghai an die Partnerstadt Hamburg. Hier ist das Hamburger Konfuzius-Institus zu Hause – das chinesische Pendant zum Goethe-Institut -, ansonsten dient das aufwändig in traditioneller chinesischer Bauweise errichtete Gebäude als Veranstaltungs- und Tagungsgebäude.

Anlässlich des chinesischen Neujahrsfestes waren die Hamburger Urban Sketchers eingeladen, in dem Gebäude zu zeichnen, und ich hatte mich ihnen angeschlossen. Mein morgendlicher Aufbruch in Schwerin war etwas holprig gewesen und als ich mit dem Zeichnen beginnen wollte, hatte ich nur ein Skizzenbuch mit viel zu glattem Papier und gar keinen Bleistift dabei. Ich probierte verschiedenes aus, diese Skizze des über dem kleinen Teich fast schwebenden Teepavillons habe ich vor Ort mit einem hellgrauen „Graphik“-Liner von Derwent angelegt. Zu Hause gefiel mir der zarte Grau, und ich vertiefte mit es mit Lexington Grey Ink von Noodlers und nicht zu viel Farbe. Ostasien war bei dieser Übung gleich zweimal mit im Spiel: die schöne graue Tinte steckt in einem feinen japanischen Füller (Pilot Prera) und die Aquarellfarben sind von er koreanischen Firma Mijello – leuchtende, kräftige, dabei wenig opake Töne, die ein bisschen an Acrylfarben erinnern.

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Teepavillon im Hamburger Yu-Garden.


5 Kommentare on “Chinoiserie”

  1. Thomas Lensky sagt:

    Eine wirklich gelungene Zeichnung. Die Farbkombinationbination rot-türkis gefällt mir besonders, unterstreicht Harmonie …und Mijello ist für mich sowieso unschlagbar.

    Gefällt 1 Person

    • Danke, Thomas. Türkis hätte ich nie genommen, wenn es sich nicht von der Neujahrskunst her noch auf der Palette getummelt hätte. Ich habe es noch nicht einmal geschafft, eine Farbkarte von den Mijellos anzulegen. Die Farben sind nicht nur leuchtender, sie fühlen sich auch anders an als „normale“ Aquarellfarben.

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  2. izniak sagt:

    Wunderbar.
    Aber wenn ich Schwerin lese, da denke ich an ganz viele Seen, richtig? Gibt es auch davon Bilder?…. *anschauen-mag*

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  3. […] einiger Zeit habe ich ein chinesisches Teehaus mitten in Hamburg gezeichnet und dabei auch ein bisschen über die europäischen China-Moden nachgedacht. Für […]

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